KW 6: Vom Suchen und Finden – Skizzieren mit Worten

Am Freitag bekam ich eine Schreibanregung „Skizziere einen Gegenstand in deiner Nähe“ – hieß es dort. Und nein, es ging ums Schreiben, nicht darum, mit Bleistift zu skizzieren. Skizzieren – was ist gemeint? Ich machte mich auf die Suche. Würde fündig. Probierte die Aufgabe aus (am Samstag) – allerdings nicht mit einem Gegenstand, sondern mit dem Blick vom Balkon. Die Sonne schien herrlich und ich konnte, zum ersten Mal in diesem Jahr. Es war schön. Und ob die Skizzierung gelungen ist, kannst du unten feststellen:

 

Ich blickte hinüber. Scharfzackige Berge. Wie Scherenschnitte still. Dunkel unter hell. Vereinzelt leuchten Schneefelder. Wattebausch-Wolken thronen auf manchen Spitzen. Fahles Winterblau spannt sich über mir wie ein straff-gezogenes Tuch. Weiße Kondensstreifen über der Bergkette. Der Rest des Himmels ruht ungestört. Gelb der Ball der Sonne oben rechts. Wie reifende Mirabellen sieht sie aus.

Am Horizont verschmilzt der See mit dem Voralpenland. Grau. Schemenhaft. Ein Rahmen für den See. Wie ein Spiegel liegt das Wasser vor mir. Frisch poliert, nur ein paar Schlieren zeichnen dunkle Flächen. Bäume spiegeln sich im Wasser. Am gegenüberliegenden Ufer Schattenbilder. Grau. Grün. Schwarz.

Ich blicke hinunter. Häuser drängen sich an Häuser wie ängstliche Kinder, die Schutz suchen bei ihrer Mutter. Flache Dächer. Kaum Giebel. Weiße Wände. Dunkle Fensterhöhlen.

Ein graues Asphaltband trennt das Wohngebiet vom Bewachsenen. Wintergrün die Erde. Blattlose Sträucher. Braun. Schwarz. Bäume. Die Zweige der Birke schwingen im Wind. Dünne Äste, die wirken wie Feen-Haar.

Unzählige Reihen brauner Stecken ziehen sich den Hang herauf. Unbehaust der Weinberg. Noch heißt es warten. Ein schwarzer Vogel huscht im Strauch von Ast zu Ast.

Ich blicke zum nächsten Balkon. Im Schatten blüht ist gelb. Wie Konfetti leuchten die Blüten.

Ich blicke hinüber. Hinunter. Um mich.

 

 

 

Kannst Du meine „Wortskizze“ erkennen?

Foto: © Judith Manok-Grundler

 

 

 

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