Wort zum Sonntag: Vom Dunkel zum Licht

Dieser Text ist am 4. Dezember beim „Schreiben im Café“ entstanden. Thema war „Vom Dunkel zum Licht“. Es war eine berührende Schreibwerkstatt- und es sind vielfältige und vielschichtige Texte entstanden. Mein Dank gilt allen, die mitgeschrieben haben.

 

 

Neulich habe ich Eli Sharabi von seiner Geiselhaft in einem palästinensischen Tunnel erzählen hören. Er sprach u.a. davon, dass er nicht in die Tiefe hinabsteigen wollte- 30/40 Meter unter die Erde. Eng. Schmal. Vor allem aber meistens dunkel. (Er teilte noch vieles andere von sich und dieser Zeit mit, aber dafür ist hier nicht der richtige Platz).

Für mich war das ein Adventsmoment- kurz bevor der Advent begann. Da war einer, der mir- in mein Zimmer hinein- vom Dunkel erzählte; dabei war das fehlende Licht nur ein Teil des Dunkels.

So lang und so tief im Dunkeln wie Eli S. war ich noch nie- und darüber bin ich froh.

Dabei ist es nicht so, als ob es sonst kein Dunkel gäbe. Manchmal habe ich den Eindruck, es wird gerade immer mehr. Ja, ich kann nachvollziehen, dass wir ins Licht wollen, dass wir Menschen Licht brauchen.

Wenn die Tage im Winter nicht richtig hell werden, dann spüre ich deutlich, wie sehr mir das Licht fehlt. Ich brauche es, denn sonst verschließe ich mich wie den Gänseblümchen, die abends, im schwindenden Licht, ihre Blütenköpfe schließen. Was, wenn sie sich nicht mehr öffnen?

Licht zum Leben- das brauche ich- mehr und mehr in den letzten Jahren. Es ist die Verheißung des Weiters, die im Licht wächst. Die Verheißung, dass das Leben lebt. Dass andere Zeiten kommen werden. Dass es immer sein kann, dass das Leben einbricht. Mit Energie, Kraft, Lautstärke oder mit der Sprengkraft des Löwenzahns. Zart wie ein Sonnenaufgang- oder so still wie eine Kirschblüte, die sich im Frühling öffnet.

Ob ich es will oder nicht: das eine geht nicht ohne das andere. Denn nur im Dunkeln kann ich einen Lichtstrahl sehen.

 

 

 

Einen gesegneten 2. Advent wünsche ich dir.

Foto: © Erwin Grundler

 

 

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