abc.Etüden 02/03.20: Die Entscheidung (Fortsetzung)

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Max. 300 Wörter, die die drei Begriffe Skiurlaub, mickrig und kommandieren enthalten müssen.  Die Idee stammt von Christiane und die Begriffe für die Schreibwochen 2 und 3/2020 auch. Und hier ist meine zweite Etüde …

Einige von euch haben nach einer Fortsetzung gefragt. Und auch, wenn ich offene Enden liebe, habe ich mich für eine Fortsetzung entschieden – ein wenig offenes Ende gibt es dabei immer noch.

 

Sie läuft, als ob sie Flügel hätte. Findet sich am Bahnhof wieder. Steigt in den nächsten Zug. Fährt fort. Stunde um Stunde weiter weg und doch immer näher. Zu sich.

Es ist längst dunkel, als sie in einer Stadt am Meer ankommt. Sehen kann sie das Meer nicht, aber sie weiß, es ist da. Das reicht aus. „So, wie vieles da ist, auch wenn ich es weder sehen noch wissen will!“, denkt sie. Ada geht los. Richtung Stadtmitte. Niemand kreuzt ihren Weg. Anfangsstill umgibt sie. Nach einigen Minuten entdeckt sie ein Hotelschild. Wenig später steht sie am Fenster ihres Zimmers. Wenige Lichter setzen helle Punkte ins Dunkel. Der Satz des Nachtportiers „Schlafen Sie gut und vergessen Sie nicht zu träumen!“, lässt sie nicht los.

Obwohl sie nichts sieht, bleibt sie stehen. „Gesessen bin ich genug. Heute im Zug. In meinem Leben auch! Ich habe den Hintern nicht hochgekriegt“. Der Gedanke ist da. Steht mitten im Zimmer. „25 Jahre Skiurlaub und im Sommer Bergwandern, obwohl ich es hasse. Er wusste es, ich auch. Und ich bin trotzdem mitgegangen!“

Tränen steigen ihr in die Augen. Sie greift zum Handy. Ihre Freundin nimmt beim zweiten Läuten ab. „Ich habe ihn heute verlassen. Jetzt bin ich am Meer. Morgen früh mache ich vor dem Frühstück einen Strandspaziergang. Dann lebe ich in den Tag. Jetzt ist Schluss mit kommandieren. Und mit meinem mickrigen Leben auch. Ab jetzt entscheide ich. Darüber wie ich lebe und darüber, was ich will“. Ada holt Luft. „Hallo, Ada“, antwortet ihre Freundin. „Hast du dich also endlich wiedergefunden. Gratuliere!“

 

4. Tag-7853.jpg

 

Was denkst Du: Wie geht es mit Ada weiter?


Foto: © Erwin Grundler, Überlingen
7 Kommentare
  1. Christiane
    Christiane sagte:

    Finde ich prima. Aber ich glaube ihr nicht, dass sie nicht zurückgeht, und zwar weil sie einen Sohn zu haben scheint (siehe erste Etüde). Klar, eine Frage des Alters, aber er fährt noch mit den Eltern in Urlaub.
    Daher hoffe ich, dass sie sich findet und sich Zeit nimmt, aber später sehe ich sie erst mal wieder bei der Familie, wenn ihr Mann nur ein kleines bisschen Einsicht zeigt. Man schmeißt nicht 25 Jahre einfach über Bord.
    Aber sie ist aufgebrochen und setzt sich mit ihrer Wut auseinander. Sehr gut. Eigentlich kann jetzt fast alles passieren.
    Liebe Grüße
    Christiane 😁😼☕🍪🌼

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Christiane,

      danke dir für deinen Kommentar.
      Ich kann deien Meinung verstehen – das Alter des Sohnes ist ja nicht angegeben; in meiner Vorstellung ist er erwachsen und außer Haus. Und ja, du hast auch recht, was das Wegwerfen von langen gemeinsamen Jahren anbetrifft.

      Ich habe allerdings auch schon mehr als einmal die Erfahrung gemacht, dass es Frauen gibt, die seit langem mit den Zuständen in der Beziehung „kämpfen“. Denen klar ist, dass das ihnen nicht guttut. Und so ist eine Entscheidung gereift – unmerklich auch für die Frauen selbst – die ganz plötzlich zu einer Veränderung führte, da genügte ein Funken: Ein Kommandoton zu viel oder, wie hier, das Sein an einem anderen Ort, um etwas in Gang zu setzen.

      Und letztlich finde ich persönlich die Frage, ob sie zurückgeht oder nicht, gar nicht so wichtig. Für mich ist es wichtig, dass sie erkannt hat, was da läuft und dass es so nicht weitergehen kann.

      Das Schöne an diesen Geschichten mit offenem oder halboffenen Ende ist ja gerade, dass es einen Denkprozess in Gang setzt – und zwar einen, der auf unseren Erfahrungen beruht.

      Vielleicht gibt es ja irgendwann noch einmal eine Fortsetzung? Wer weiß?

      Ganz liebe Grüße zu dir. Ich schick dir einen Sonnenstrahl mit.

      Herzlich
      Judith

      Antworten
      • Christiane
        Christiane sagte:

        Ah, okay, wenn der Sohn prinzipiell schon außer Haus ist, dann verstehe ich sie, dann ist deine Geschichte auch für mich rund, denn dann sind sie zu Hause nur zu zweit und brauchen auf den Sohn nicht mehr primär Rücksicht zu nehmen.
        Ja, was du beschreibst, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Sehr gut nachvollziehbar, und unter diesen Umständen auch ihre Reaktion.
        Danke für die Erklärung!
        Die Sonne ist schon hier 🌞
        Herzlich zurück
        Christiane 😁🐱☕🌼👍

        Antworten
  2. Ella
    Ella sagte:

    Ein Zeichen setzen. Ein wichtiger, ein guter Schritt. Ob sie es wirklich ernst meint? Auch ich überlege, doch es ist ja noch alles offen …
    Lieber Gruß, die Happyendtante 🙃

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Genau, liebe Ella, es ist noch alles offen…
      Und ich habe gerade Christiane (zu ihrem Kommentar) geschrieben, dass ich mit solchem Verhalten von Frauen durchaus Erfahrung habe. Und ich wünsche es ihr, dass sie fortbleibt und sich selbst mehr und mehr ernst nimmt.
      Du bist eine Happyendtante? Ich durchaus auch – und sich selbst wiedergefunden zu haben, ist auch ein Happyend – jedenfalls in meiner Wahrnehmung.
      Liebe Grüße und ein wenig Sonne für dich
      Judith

      Antworten

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