abcEtüden 01.02.21: Anders als erwartet

Antonia steht in der Küche. Die Schwiegermutter hat sich zum 70. Geburtstag ein Fest von ihr gewünscht. Den ganzen Tag hat sie gekocht und gebacken.
Noch drei Stunden. Sie ist fast fertig. „Nur noch das Käsegebäck backen„. Sie holt den selbstgemachten Blätterteig. Schnell ist ein Blech gefüllt. Ab damit in den Ofen. Da stürmt Jens in die Küche. „Das Geschenk für Mama ist noch nicht eingepackt, mach das schnell!“
„Kannst du nicht…“, beginnt Antonia.
„Nee, nee, mach du!“
Antonia seufzt. Sie geht ins Wohnzimmer. Packt das Geschenk ein. Bügelt schnell eine Bluse für Madeleine, sucht das Handy für Lars.
Plötzlich schnuppert sie. „Verdammt“. Sie rast in die Küche, reißt die Ofentür auf, greift mit beiden Händen zu und zieht das Blech heraus. Es dauert einen Moment, dann setzt der Schmerz ein. Antonia lässt das Blech fallen. Schreit. Zetermordio. Die Familie kommt angerannt.
„Was ist passiert?“, fragt Jens. Antonia zeigt ihm die Hände.
„Mensch, Mum“. Kopfschüttelnd gehen Madeleine und Lars.
Jens schweigt. Mit zusammengebissenen Zähnen verbindet er Antonia die Hände.
„Danke“, sagt Antonia, geht ins Wohnzimmer, lässt sich aufs Sofa fallen. Jens schimpft vor sich hin.
„Früher warst du weichmütig, da hättest du mich in den Arm genommen“.
Jens tut, als ob er nichts gehört hätte.
Es läutet. Antonia bleibt sitzen. Es läutet wieder. Lars öffnet. „Hallo Oma“, sagt er, „Mama ist im Wohnzimmer“.
Antonias Schwiegermutter kommt herein. Geht zum Tisch. Beginnt, Gläser und Besteck neu auszurichten.“
„Ich dachte, das könntest du inzwischen“, sagt sie. „Überhaupt: wie siehst du aus? Geh und mach dich vorzeigbar, gleich kommen meine Gäste“.
Antonia schnappt nach Luft. „Spinnst du?“, fährt sie ihre Schwiegermutter an. „Das mögen deine Gäste sein, aber es ist mein Haus“. Antonia steht auf. Geht zur Tür. Öffnet sie. „Du kannst gehen. Jetzt. Sofort“.
Die Tür fällt hinter ihr ins Schloss.

 

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Wie würdest Du die drei Worte unterbringen?

Foto: © Erwin Grundler, Überlingen

 

Maximal 300 Wörter, die die Begriffe „Zetermordio, weichmütig, backen“ enthalten müssen. Die Idee stammt von Schreibeinladung für die Textwochen 01.02.21 | Wortspende von Ludwig Zeidler | Irgendwas ist immer (wordpress.com) 

 

 

44 Kommentare
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Ja, das stimmt – sehe ich auch so.
      Und natürlich gäbe es noch die ein oder andere Möglichkeit, es ausgehen zu lassen.
      Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung.
      Grüße zu dir
      Judith

      Antworten
  1. Christiane
    Christiane sagte:

    Es gibt so Sätze, da geht mir das sprichwörtliche Messer in der Tasche auf. Dazu gehört: „Ich dachte, das könntest du inzwischen.“
    Arme Frau, wenn der Mann sie wirklich im Regen stehen lässt, dann ist da aber ziemlich viel schiefgelaufen … 😢😫
    Mittagskaffeegruß 😁🌨️☕🍪👍

    Antworten
  2. Ella
    Ella sagte:

    Eine knuffige Familie. Leider gibt es das öfter, als man denkt. Du hast es so gut beschrieben, dass sich mir beim Lesen alle Nackenhaare stellten. Aaargh …
    Liebe Grüße und ein gutes neues Jahr , Ella

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Danke dir, Katharina.
      Nach all den Kommentaren habe ich mich entschieden, eine Fortsetzung zu schreiben. Von daher – lasst euch überraschen, wie es weitergeht.
      Grüße
      Judith

      Antworten

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