abcEtüden 03.04.21: Stille
Marina sitzt auf der großen Freitreppe am See. Nachdenklich blickt sie in ihr Glas. Der Aperol Spritz leuchtet orange – fast so, wie die Sonne, die gerade untergeht.
Wie still es hier ist. Ganz untypisch für einen frühen Freitagabend. Sie ist froh darüber, denn die Wochen, die hinter ihr liegen, waren aufreibend. Die Trennung, der Verlust des Arbeitsplatzes, der Umzug, die schwere Erkrankung ihrer Mutter – all das hat sie Substanz gekostet.
Und jetzt sitzt sie hier. Den vierten Abend in Folge. Langsam kommt sie an: am Urlaubsort, im Entspannen, im Loslassen.
Marina schließt die Augen. Sie fühlt der Stille nach, die sie umgibt. Die Stille ist wie ein Baum, der so verwurzelt ist, dass ihn nichts erschüttern kann.
Noch während sie diesem Gedanken nachhängt, reißt sie ein Röhren aus ihrer Blase. Sie fährt herum. Ihr Herz rast.
Es dauert nur einen Augenblick, bis sie das Auto auch sehen kann. Es ist ein Sportwagen. Er ist viel zu schnell unterwegs. Der Fahrer hat die Lautsprecher aufgedreht. Und obwohl das Auto ein Stück weit entfernt ist, spürt Marita die Bässe der Musik im Bauch.
„Mensch, bremst doch, du Idiot!“, schreit sie, aber der Schrei geht im Krach unter. Marina steht da. Wie gelähmt. Sie sieht das Unglück kommen. Kann nichts tun. Will es nicht sehen. Sie will sich umdrehen.
Zu spät. Bremsenquietschen. Ein Krachen. Schreie.
Und dann Stille. Abgrundtiefe Stille.
Vorbei!
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Wie würdest Du die Wörter unterbringen?
Foto: © Erwin Grundler, Überlingen
Maximal 300 Wörter, die die Begriffe „Lautsprecher, orange, erschüttern“ enthalten müssen. Die Idee stammt von https://365tageasatzaday.wordpress.com/2021/01/17/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-03-04-21-wortspende-von-blaupause7/
Hoffentlich war es nicht der tiefverwurzelte Baum
Nein, in meiner Vorstellung schoß das Auto in ein (Geschäfts)Haus…
Liebe Grüße
Judith
Für den Fahrer egal, aber nicht für den Baum :)
Tja!
Bei so was war ich noch nie Zeugin, aber klar: bei anderen Sachen habe ich es auch kommen sehen – und das fühlt sich furchtbar an.
Liebe Grüße
Judith
Unfreiwillig Zeuge sein und nicht eingreifen können, eine Qual.
Genau so ist es.
Danke dir, Werner.
Liebe Grüße
Judith
Ohhh, wie furchtbar. Das würde mich schon fertigmachen, wenn ich so ein Päckchen nicht zu tragen hätte, das dockt doch immer irgendwo an … 😩
Aber sie zieht einen sofort rein, deine Etüde. Gut! 😁👍
Nachmittagskaffeegruß 😁🌥️☕🍪👍
Danke dir, liebe Christiane.
So ist es – irgendwo trifft es einem dann doch.
Mal sehen, vielleicht gibt es da ja auch eine Fortsetzung.
Abendgrüße
Judith