#abcEtüden 03.04.22: Im Widerstreit der Gefühle (1)

Josefina schließt die Tür hinter sich. Sie sperrt das draußen aus. Ihn auch. Sie lehnt sich gegen die Haustür. Sie spürt ihr Herz klopfen, die Beine, die sich wie Wackelpudding anfühlen und die Hitze im Gesicht. Freude blubbert in ihr, wie die Kohlensäure in einer Mineralwasserflasche.

Ob er noch draußen steht? Sie drückt sich fester an die Tür. Will ihm nah sein. Will ihm fernbleiben. Sie schwankt. Zwischen Ja und Nein, zwischen Wunsch und Realität.
„Nein, ich darf dem knistern zwischen uns nicht nachgeben“, flüstert sie. Langsam löst sie sich von der Tür. Die Beine tragen sie wieder. Sie geht durch den Flur. Zieht den Mantel aus, hängt ihn im Vorbeigehen auf, schlüpft aus den Schuhen. Ihre Tasche, die Maske und der Schlüsselbund finden ihren Platz auf der Kirschholzkommode, die sie von ihrer Oma geerbt hat. Alles wie immer. Josefina geht zum Händewaschen, richtet das Abendbrot her, setzt Teewasser auf und stellt ihre Lieblingsmusik an. Sie hofft, dass ihre Routine, über lange Zeit eingeübt, ihr ihre Sicherheit zurückbringt.

Doch weit gefehlt. Nichts ist wie immer. Es klirrt, als sie beim Einschenken die Teekanne an das Teeglas schlägt. Sie verbrennt sich die Zunge am heißen Tee. Der Tee schmeckt heute nach nichts. Das Käsebrot fällt ihr aus der Hand, die zittert wie eine Birke bei Ostwind. Das Herz klopft unverdrossen seinen Freudentanz weiter.

Er ist da. Hier bei ihr. Obgleich sie ihn ausgesperrt hat. Josefina kann noch immer seine Hand an ihrem Hinterkopf spüren und seine Lippen, die ihre warm und zärtlich gestreift haben. Sie sieht das Lächeln in seinen Augen, als er sie umarmt hat und sie hört sein „Liebste“ – so weich wie ein Kaschmirschal. Sie spürt ihn, so, als wäre er hier.

 

 

 

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Wie bringst Du die drei Wörter unter?

Foto: Erwin Grundler, Überlingen

 

 

Maximal 300 Wörter, die die Begriffe „Wackelpudding, knistern, unverdrossen“ enthalten müssen. Die Idee stammt von hier: https://365tageasatzaday.wordpress.com/2022/01/16/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-03-04-22-wortspende-von-stachelbeermond/

 

 

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