abcEtüde 23*24*25*26*27* 2024: Und jetzt?
Sie stand am Straßenrand. Längst war sie nass bis auf die Knochen. Haselnuss große Hagelkörner trafen sie. Fühlten sich auf den nackten Armen an wie Schläge. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie ließ sie fließen.
Wie konnte es nur so weit kommen? Gerade noch saß sie in ihrem eleganten Abendleid hinten in der Limousine. Sie träumte. Freute sich vor. Nicht mehr lange und sie wäre bei ihm. Er würde sie in den Arm nehmen. Sie zur Premierenfeier begleiten und dann mit ihr wegfahren. Ihre Liebe feiern. Da hielt die Limousine plötzlich an. Mitten im Nirgendwo. Der Fahrer öffnete die Tür, packte sie am Arm und zerrte sie heraus. Er schlug die Tür zu, sprang ins Auto. Fuhr in die Regennacht davon. Ihre Handtasche, ihr Koffer und die warme Jacke, die sie jetzt brauchen könnte, waren im Auto.
Sie stand am Straßenrand. Der Hagel hatte aufgehört. Der Regen fiel nur noch sacht. Die Tränen flossen nicht mehr. Sie sah an sich hinunter. „Das Kleid taugt nur noch zum Putzlappen“, murmelte sie. Sie schaute sich um. Nichts. Nirgends. Nur die Straße vor ihr und der Mond am Himmel Sie zog ihre Schuhe aus und lief los. In die Richtung, in der die Limousine verschwunden war.
Nachtgeräusche hüllten sie ein. Sie lief. Langsam. Lief, bis am Himmel die Morgenröte heraufzog. Da. Endlich. Häuser tauchten auf. In einem brannte Licht hinter den Fenstern. Sie ging darauf zu. Öffnete die Tür. Drückte auf die Klingel an der Rezeption. Begrüßte die Frau, die ihr ein Zimmer gab, ohne Fragen zu stellen. Sie betrat ihr Zimmer. Sah sich um. Riss sich das klamme Kleid vom Körper. Stolperte Richtung Bett. Fiel hinein. Zog sich die Decke über den Kopf. Sie wollte nur noch schlafen.
Wie bringst Du die drei Wörter unter?
Foto: © Erwin Grundler
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Maximal 300 Wörter, die die Begriffe „Putzlappen, elegant, schlafen“ enthalten müssen. Die Idee stammt von hier: https://365tageasatzaday.wordpress.com/2024/06/02/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-232425262724-wortspende-von-ludwig-zeidler
Ich mag gerade den Kontrast zwischen der nassen und unvermittelten Trostlosigkeit des Beginns und dem Ende, das eigentlich nicht versöhnlich ist, wo sie sich jedoch geborgen wiederfindet. Schön gestaltet, vielen Dank für die Etüde!
Nachmittagskaffeegrüße mit Regen ;-)
Liebe Christiane,
danke für deinen Kommentar.
Freut mich, dass dir der Kontrast gefällt. Ich hatte das Bedürfnis, die Etüde zumindest mit Hoffnung enden zu lassen.
Schön, dass das mit der Adventüde klappt.
Ich hab morgen wieder Augen-OP, deshalb werde ich die nächsten 7/8 Tage weder lesen noch am PC sein dürfen. Falls ich also einen Aufruf bzw. eine Einladung von dir nicht wahrnehme, liegt es daran.
Herzliche Grüße
Judith