Angekommen sein

DSC_6124Vor einigen Tagen habe ich ihn der Stadt eine liebe Bekannte getroffen. Wir haben uns einige Zeit nicht gesehen. Die Frage „Wie geht es Dir?“ war daher naheliegend. Ich beantwortete sie mit „meistens gut“. Meine Bekannte hörte zu; schaute mich an und sagte: „Du siehst auch gut aus; Du bist angekommen, das sieht man!“ Ich stutzte kurz, dann nickte ich und sagte: „Ja, das bin ich!“ Der Satz klang für den Rest des Tages in mir nach – und er tut es noch immer. Ja, ich bin angekommen. Habe meinen Platz gefunden. Die Sinnfrage für mich beantwortet – zumindest vorläufig – denn auch das ist meiner Erfahrung nach nichts Starres.

Wenn ich von heute aus zurückschaue, dann fällt mir auf: Das ist nicht einfach irgendwann passiert. Schon von früh an gab es eine Richtung in mir. Sie war lange spürbar, aber nicht greifbar für mich. Stück für Stück haben sich die Dinge dann entwickelt – manchmal durch Krisen (auch heftige); ein anderes Mal durch ein Unbehagen, das immer stärker wurde und Antrieb für eine Veränderung war. Ab und an auch durch Ermutigung und positive Anregungen. Und durch eine Vielzahl an Begegnungen.  Günstig und fördernd waren und sind meine Neugier; das Verstehen wollen, das Hinterfragen, das Suchen – sie haben mir Neues erschlossen und geholfen, das MEINE zu finden. Das tue ich nun. Gern. Mit Begeisterung. Mit Ausdauer. Mit Geduld. Mit Freude. Mit Schwung.DSC_6117

Ja, ich bin angekommen. Das zu spüren ist fabelhaft – und wenn andere es mit einem Blick wahrnehmen, umso besser (danke Gitte). Und wie das bisweilen so ist: Wenn mich ein Thema beschäftigt, entdecke ich plötzlich ein Bild, das dazu passt oder einen Text, den ich geschrieben habe oder ähnliches. Dieses Mal war es ein Gedicht – ein <Pantun> – das ich vor ca. 5 Jahren geschrieben habe.

Entwicklung

Deinen Mut bewundere ich,
so bricht Neues auf ins Leben.
Du wagst endlich den aufrechten Gang
und Dankbarkeit wächst Tag für Tag.

So bricht Neues auf ins Leben.
Herausforderungen wollen bestanden werden
und Dankbarkeit wächst Tag für Tag –
welch ein Glück.

Herausforderungen wollen bestanden werden
und Irrtümer dürfen sein.
Welch ein Glück,
das Leben weitet sich.

Irrtümer dürfen sein,
Stärke entwickelt sich,
das Leben weitet sich,
strahlt Freude aus.

Stärke entwickelt sich.
Du wagst endlich den aufrechten Gang,
strahlst Freude aus.
Deinen Mut bewundere ich.


Wie ist das bei Dir – bist Du angekommen?


Fotos: Erwin Grundler, Überlingen - Aufkirch
(Im Botanischen Garten, Freiburg, 23.03.2017)
3 Kommentare
  1. Mirijam
    Mirijam sagte:

    Liebe Judith, ein klares JA! Ich bin angekommen, ich fühle es, fühle MICH so! Familiär, beruflich und bezüglich des Engagements in und für meinen (neuen) Heimatort! Und nun kommt es (aber), das große ‚Aber‘, BESSER ein UND … UND Dein Text hat mich voll erwischt! Ich lese ihn mehr als noch einen Prozess beschreibend, Entwicklung steht ja auch darüber, für mich drückt er weniger das Angekommensein aus… Herausforderungen, die bestanden sein wollen, der Mut, der bewundert wird, Stärke, die am Entwickeln ist… viele der Zeilen sprechen mich an… im bereits Angekommensein spüre ich (derzeit natürlich mehr im ehrenamtlichen Engagement, dann wieder mehr in der Familie…): es geht stetig weiter und gleich einem hermeneutischen Zirkel: Phasen werden ähnlich immer wieder durchlaufen, wenn auch vielleicht auf einer nächsten Stufe. Es weitet sich, und der Text passt stetig wieder! Derzeit hänge ich besonders daran: es auch als Stärke zu sehen, wenn ich entdecke, dass mir etwas partout nicht liegt, es zu akzeptieren, nicht zu denken, das MUSS ABER sein (nur weil andere das so machen würden oder gut können), und es einfach auf die Art lassen und einen anderen, für mich passenden Weg suchen :) – Vielen Dank für die Anregung!!!

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    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Mirijam,
      Hab ganz herzlichen Dank für Deinen so spannenden Kommentar. Wie wunderbar, dass Du so ein klares JA sagen kannst.
      Mir ist wohl bewusst, dass „Entwicklung im Angekommen sein“ zunächst wie ein Paradoxon klingt und doch: Für mich ist eine Weiterentwicklung möglich, gerade weil ich angekommen bin. Die Energie, die ich vorher benötigte, um zu suchen, was das MEINE ist, steht jetzt zur Verfügung, um das weiter und weiter zu entfalten.
      Alles Gute beim „passende Wege“ für Dich suchen,
      Judith

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