Das Wort zum Sonntag: Sonntag
Gestern habe ich gebügelte Kleider in den Schrank gehängt. Plötzlich war da ein Bild von früher. Ich erinnerte mich an unsere „Sonntagskleider“.
Ja, es gab extra Kleidung für den Sonntag. Die Älteren werden sich daran erinnern. Für die anderen ist das vielleicht fremd oder unvorstellbar. Und natürlich musste auf sie auch besonders aufgepasst werden. Ein Grund war, dass es nicht so viel Kleidung in den Familien gab, wie das heute der Fall ist.
Der andere aber war, dass der Sonntag ein besonderer Tag war (nicht ausschließlich in religiösen Kreisen übrigens). Nicht immer schon war er ein Ruhetag, aber doch lang.
Er war eine Unterbrechung im Alltag. Quasi ein „die Pausentaste drücken“. Sich Zeit nehmen. Sich Zeit geben. Durchatmen. Sehen, was war. Zu sich kommen. Sehen, was ist. Was gut ist. Kraft schöpfen aus dem Langsamer. Sich ausrichten. Sich begegnen. Anderem auch. Dem Großen. Dem Kleinen. Dem scheinbar Normal. Und staunen. Ja, staunen über das, was ist – trotz allem. Über das, was sein könnte auch.
Staunen, dankbar sein, sich begegnen – all das ist Segen. Ein Segen für alle. Denn segnen heißt, anderen uneingeschränkt Gutes zu wünschen.
Man muss nicht Christin oder Kirchgänger sein, um Segen weiterzugeben. Und es braucht keine „Weihe“, damit er gilt. Nein, jede und jeder kann und darf segnen. Gerade in schwierigen Zeiten ist der Segen nötig. Denn ein Segen ist wie ein Lichtschein. Er macht das Leben für einen Moment heller. Baut auf und stärkt. Die anderen. Und Dich selbst. Vergiss nicht: Wenn Du segnest, kannst Du nicht gleichzeitig ablehnen, beschimpfen oder bewerten.
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Was ist der Sonntag für Dich?
Foto: © Erwin Grundler, Überlingen
Ich kann mich gut erinnern: ja, auch bei uns würde das so gehandhabt mit den Sonntagskleidern. Und darüber hinaus war es auch üblich, dass man nur am Sonntag in die gute Stube durfte und dort dann auch gemeinsam gegessen wurde. Ansonsten spielte sich das Leben wochentags in der Küche ab.
Der Sonntag war dadurch ein ganz besonderer Tag. Vielfach gab es dann auch ein besonderes Essen, denn damals gab es nur am Sonntag eine Fleischmahlzeit. Und wehe, man machte sich beim Spielen mit den Sonntagskleidern dreckig. Dann gab es eine Strafe, z.B. keinen pudding zum Nachtisch. Und der Sonntag war auch der Tag für Besuche von oder bei Verwandten.
Wir waren damals alle etwas bescheidener und freute sich die ganze Woche auf den Sonntag, damals der einzige freie Tag in der Woche, denn Samstags würde ja noch gearbeitet.
Als ich frisch verheiratet war und wir unser erstes Kind hatten, haben wir uns Sonntags auch immer noch fein angezogen zum Sonntagsspaziergang. mit Schlips und Anzug sind wir in den Wald!
Damals hatte der Sonntag noch irgendwie etwas Heiliges, etwas ganz Besonderes. Und irgendwie steckt es immer noch im Blut.
Lieber Werner,
ich danke dir sehr für diesen Einblick.
Das war schon anders, gell. Und ja, die Besuche bei der Verwandtschaft oder Freunden kenne ich auch, wobei in meiner Kindheit Freunde im Elternkreis sehr wenig waren.
Stimmt, so ein wenig steckt mir der Sonntag von früher auch noch im Blut. Manches ist eben nicht spießig, sondern ein Ritual, das Sicherheit gibt.
Liebe Grüße zu dir
Judith
Liebe Judith,
bei uns zu Hause ist der Sonntag auch immer noch was Besonderes, so wie du schreibst: die Pausentaste. Als Kind besaß ich auch noch Sonntagsgarderobe, da gehörten auch weiße Kniestrümpfe zu. Ich hab sie gehasst… Irgendwann hat meine Mutter gemerkt, dass wir viel zu schnell aus den guten Sachen rausgewachsen waren – und thematisch wurden sie abgeschafft. Das war Ende der 70er – da gabs ja auch schon genug und es wurde öfter gewaschen.
Meine Großeltern haben noch lange ihr Wohnzimmer nur am Sonntag genutzt, auch im Winter wurde es nur Sonntags geheizt. Dinge, die ich nie vergessen werde, Dinge die den Sonntag einfach zu was Besonderem machen – auch wenn man heute anders damit umgeht. Das Besondere aber bleibt.
Liebe Sonntagsgrüße, Merle
Liebe Merle,
die weißen Kniestrümpfe gingen ja noch. Schrecklich fand ich die Wollstrumpfhosen.
Das Benutzen und das Heizen des Wohnzimmers nur am Sonntag, das kenne ich nicht von mir zu Hause, wohl aber bei der Verwandtschaft – auf dem Bauernhof bei meinem Onkel war das immer so.
Für mich war und ist das Frühstücksei am Sonntag etwas Besonderes; das war wohl eher, als ich schon ein wenig älter war – Grundschulkind auf jeden Fall, aber das bleibt auch.
Liebe Grüße
Judith
Meine Kindheitssonntage in den frühen 70ern: Vormittags bereitete Mama den Sonntagsbraten zu, Papa (selbständiger Buchbinder) saß am Küchentisch und entklammerte Zeitschriften (Neue juristische Wochenschrift, aber auch ganze Jahrgänge des „Spiegel“) als Vorbereitung für die Heftbindung. Dazu lief im Radio der „Frühschoppen“ und ich saß dabei. Nach dem Frühschoppen erklärte Papa mir die deutsche Politik und dann gab es Essen. Sonntags nach Möglichkeit immer mit Vorsuppe und Nachtisch, danach den Verdauungsspaziergang. Und die weiße Sonntagsstrumpfhose ging regelmäßig kaputt, weil ich überall draufkletterte… Klingt spießig, aus heutiger Sicht, aber schön war es irgendwie doch😊
Einen schönen besonderen Sonntag noch, Anja
Liebe Annuschka,
oh, den Sonntagsbraten kenne ich auch – meist ebenfalls von Mutter gekocht. Später hat mein Vater auch gekocht, aber da war ich schon in der Pubertät. Und die drei Gänge gab es bei uns immer wieder; nicht regelmäßig allerdings.
Spaziergang gab es auch – und mein Vater war oft vertieft in seine Studien und Vortragsvorbereitungen.
Ja, die Sonntage waren anders.
Ich hoffe, du hattest heute (nein, gestern) auch einen feinen Sonntag.
Herzlich
Judith