Dornröschen – Fortsetzung 2
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Im Rahmen des #Writing Friday von https://readbooksandfallinlove.com/category/meine-wochenaktionen/writing-friday/ habe ich am 20. September einen ersten Text zu Dornröschen geschrieben, die nach 100-jährigem Schlaf im Jahr 2019 erwacht. Der entstandene Text „schrie“ förmlich nach einer Fortsetzung. Gestern und heute kannst Du lesen, wie es mit Dornröschen weitergeht.
Von nun an geht sie jeden Tag in die Stadt oder in die benachbarten Dörfer. Sie findet Freude und Spiellust auf Spielplätzen. Zuversicht, wenn ein altes Paar händchenhaltend auf der Bank am See sitzt. Gemeinschaft, wenn sie Freundinnen bei einem Spaziergang beobachtet. Sie erfährt Neues und Freudiges, wenn sie mit Kindern spricht. Trauriges, wenn sie sich zu Obdachlosen auf die Straße setzt und ihnen zuhört. Sie nimmt wahr, wie eine einzelne Rosenblüte das Gesicht einer jungen Frau zum Blühen bringt. Dornröschen entdeckt Lebensvielfalt angesichts all der Pflanzen und Bäume im Park. Findet Schönheit in Steinen, Blattformen, Menschengesichtern und unterschiedlichen Sprachen.
Manchmal ist sie auch traurig. Oder wütend. Zornig. Verzweifelt. Verletzt. Denn all das, was sie am ersten Tag in der „Jetzt-Zeit“ erfahren hat, begegnet ihr regelmäßig. Sie wird verlacht und beschimpft. Übersehen und nicht ernst genommen. Ganz egal aber wie ihr Tag war: An jedem einzelnen Tag kehrt sie abends ins Schloss zurück und zieht Bilanz. Sie stellt fest, dass sie gelernt hat, zu sich und ihrer Meinung zu stehen. Dass sie ihre Meinungen freundlich, aber deutlich vertreten kann. Dass sie es nicht allen recht machen kann und will. Dass nicht alle Menschen sie mögen. Sie lernt das auszuhalten, sich nicht mehr zu verstellen und in all den Begegnungen mit Menschen das Verbindende zu suchen, statt das, was trennt.
Als sie heute nach Hause kommt, sitzt die Fee im Ballsaal und wartet auf sie. „Na, Dornröschen, wie geht es dir und was hast du gelernt?“ frägt sie. Dornröschen strahlt. „Schön, dass du da bist“, antwortet sie. „Weißt du, ganz egal, was ich erlebe – ich finde, das Leben ist schön. Ich habe verstanden, dass alles Leben Veränderung und dem Wandel unterworfen ist. Und ich habe erkannt, dass das Leben nicht nur Schwarz-Weiß ist, sondern dass es dazwischen viele Grautöne gibt und eine Buntheit, die mich gefangen nimmt. Manchmal war es einfacher für mich, als ich noch gedacht habe, dass es nur so oder so gibt. Ich musste nicht so viel nachdenken. Brauchte nicht allzu viele Perspektiven einnehmen und vor allem, ich wusste immer, wer an der Misere schuld ist. Das ersparte mir oft das Handeln. Schließlich waren es immer die anderen. Aber, liebe Fee, obwohl es leichter und klarer war, ist es mir mit all den Grautönen sehr viel lieber, dieses Leben“.
Die Fee schenkt ihr ein Lächeln. Streicht ihr übers Haar. Greift nach ihrer Hand. „Ich bin stolz auf dich, mein Mädchen. Du bist auf einem guten Weg. Bleib dabei!“
Dann ist sie verschwunden.
Dornröschen aber hat verstanden.
Foto: Judith Manok-Grundler, Überlingen-Aufkirch
Das stimmt – das Leben ist schön. Und die Steine, die man überwinden muss, prägen einen. So ist es und so soll es sein.
Das hast du wirklich schön in dem Text verdeutlicht.
Liebe Grüsse
Danke dir, ich bin froh, dass meine Dornröschen-Geschichte fertig geworden ist und sie gefällt.
Tja, viele von uns wissen, dass das Leben so sein soll – und dann habe ich heutzutage immer wieder den Eindruck, dass es unzählige Menschen gibt, die das nicht wissen (wollen?).
Ich wünsche diese Erkenntnis jedenfalls allen Menschen.
Hoffe, du hattest einen guten Feiertag und schicke dir Abendgrüße
Judith
Ja – im Ignorieren und von sich weisen sind die Menschen echt gross, wenn man es akzeptiert, ist es soviel einfacher.
Danke ich hatte einen echt entspannten Feiertag. Ich hoffe du auch.
Einen schönen Abend noch.
Liebe Grüsse.
Da sagst du was, aber Akzeptanz ist halt auch schwer…
Ja, hatte ich. Ich habe heute Vormittag noch mit meiner Frauengruppe zusammen den 60. Geburtstag einer Freundin gefeiert und bislang ging es mit den Kindern gut – über kleinere Kabbeleien schaue ich hinweg.
Hab es fein, Grüße
Judith