Ein Tagtraum

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Auch in diesem Jahr nehme ich an Susanne Niemeyers „Schreibexperiment in der Fastenzeit“ teil. Eine weitere Übung in der 5. Woche lautete „Ein Tagtraum“. Wir sollten aus einem Satz, den wir in der Übung vorher geschrieben hatten, einen Tagtraum schreiben – „sonderbar, verrückt, wagemutig, traumhaft schön, schillernd“. Hier kommt meiner:

Fliederzweige bewegen sich. Hin und her. Mein Blick folgt ihnen. Hin und her. Sie lullen mich ein. Der Wind pustet mir eine Strähne ins Gesicht. Streicht über meine Stirn. „Du“, sagt er leise. „Ich will dich wiegen. Wie ein Baby gewiegt wird im Arm. Magst du?“

„Hm?“ Ich lasse die Augen zu. Nicke. „Mach nur“, flüstere ich.

Hin und her. Ganz vorsichtig. Minimalste Bewegungen nur. Und dennoch. Ich spüre sie. Bald fliege ich. Schwerelos. Leicht. Lasse mich treiben. Brauche gar nichts zu tun. Bin gehalten. Geborgen. Getragen.

Meine Augen sind geschlossen. Ich sinke. Falle weich in die Arme des Regenbogens. Licht umgibt mich. Legt sich um mich. Es flüstert mir Liebesworte zu. Sie sickern in mich. Hinein in jede Zelle. Breiten sich in mir aus. Vermehren sich. Werden Licht. Leuchten wie ein Kristall in der Sonne.

Ein lauter Lastwagen reißt mich aus meinem Tagtraum. Das Gefühl aber bleibt. Die Liebesworte auch. Und das Licht.

© Judith Manok-Grundler, 5. April 2019

 

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Wie würde Dein Tagtraum lauten?


Foto: Judith Manok-Grundler, Überlingen-Aufkirch


Schreibanregung:
Stelle den Wecker auf 15 Minuten.
Schließe die Augen und träume ein wenig vor Dich hin.
Nimm den Stift und schreibe Deinen Tagtraum auf.
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