Eine Büttenrede: Juhu und hoorig …

Am 20. März 2020 habe ich damit begonnen, jeden Samstag eine „Samstagsgeschichte“ als Video aufzunehmen. Das kann eine Momentaufnahme sein oder sonst ein kurzer Text oder eben eine Geschichte. Zunächst war das Video dafür gedacht, den Frauen aus meiner Frauengruppe und ein paar Freundinnen in der Situation des 1. Lock downs ein wenig Mut zu machen und die Verbindung aufrechtzuerhalten. Inzwischen gibt es diese „Samstagsgeschichten Videos“ immer noch und der Kreis derjenigen, die sie bekommen wollen, ist gewachsen.
Gestern dachte ich: „Eigentlich müsste ich heute, am Fasnetssamstag, eine närrische Geschichte einlesen“. So habe ich mich kurzerhand abends hingesetzt und eine gereimte Rede geschrieben. Hier kommt sie:

 

Ich komme heut als Trauerkloß,
frisch aus der Stadt – s’war gar nix los,
die Menschen gucken ganz belämmert –
da hat es mir sogleich gedämmert:

Es hilft kein „Oh weh, kein Ach, kein Oh, Graus“,
die Fasnet fällt in diesem Jahr aus.
Es ist alles still und in den Straßen,
mag keiner Dir den Narrenmarsch blasen.

Auch gibt’s kein Geschäker und kein Geschunkel,
kein Löwenhäs, kein Flittergefunkel
und niemand rennt mit Lärm und Krach
durch unsere Stadt. Oh je und Ach!

Das Häs vom Hänsele bleibt bitte sehr,
im Schrank, fällt es auch elend schwer.
Die alten Wiiber, ob groß oder klein,
die bleiben allesamt daheim

und d‘Guggemusiker haben den Katzenjammer,
spielen zu Hause für sich in der Kammer
sie klagen Tränenvoll und laut:
das Virus hat uns die Fasnet geklaut.

Kein Tanz um den Narrenbaum,
kein flirten, kein juchzen – kaum
lachen. Auch fehlt das jucken und singen
und Hänseleglocken, die hell klingen.

Wenn ich mich umschau hier, ihr Lieben,
scheint vielen nur der Frust geblieben,
doch frag‘ ich euch: kann das denn sein?
Kriegt uns das Virus wirklich klein?

Denn, wenn auch alles abgesagt –
was richtig war und nicht verzagt –
dann kannst Du doch die Chance nutzen,
der Trübsal ihre Hörner stutzen

und 1, 2, 3 – im Handumdrehen,
mit ‘nem Hut aufm Kopf vorm Spiegel stehen.
Ein Narrenhäs oder eine Nase rot –
das zeigt, die Fasnet ist nicht tot.

Denn tanzen wie ein Lump am Stecken,
klatschen, drehen und Dich recken –
das kannst Du jederzeit allein,
ob Tags oder im Mondenschein.

Beiß in ein Fasnetsküchle fein,
schenk dir ein Gläschen Sekt dann ein,
stoß mit mir an – bloß virtuell –
und Freude stellt sich ein – blitzschnell,

weil heute – das weiß doch jedes Kind –
ich sag’s dir dennoch mal geschwind:
Heute ist heut. Drum fass Dir ein Herz –
ich meine es wirklich nicht als Scherz –

und nutz diese Tage, lass raus Deinen Narren,
der Alltag spannt bald dich vor seinen Karren.
Feiere das Leben – das bunte Deine –
Du weißt es doch: Du hast nur das Eine!

 

|WERBUNG WEGEN NAMENSNENNUNG UND VERLINKUNG, UNBEZAHLT|

 

 

 


Juhu und „hoorig, hoorig isch die Katz…“ oder au Narri, narro
oder Helau und Alaaf!

Foto: © Erwin Grundler, Überlingen (Februar 2020)

 

 

2 Kommentare
  1. Literaturgarten
    Literaturgarten sagte:

    Sehr gut geschrieben und gedichtet liebe Judith, als Narr hat man zum Glück jedes Jahr ein anderes, neues Leben – wenn man es denn möchte ;-) . Das ist wohl auch der Sinn dieses alten Brauches, raus aus der realen Welt – hinein in Wunsch – oder auch Albträume !
    LG Angela

    Antworten

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