#Etüdensommerpausenintermezzo II-2021: Sonnenuntergang am Bodensee

Lotte hockt nach dem Abendessen auf dem Steg beim Hotel Rebmannshof in Maurach am Bodensee.

Sie schaut in den Sonnenuntergang. Schwarz, orange, gelb, hellblau und blaugrau liegen der See, der Himmel und das Schilf vor ihr.
Die Abendessenszeit ist vorüber. Die Geräusche aus dem Gartenrestaurant werden weniger. Nur Gläserklirren ist hie und da zu hören. Es wird leiser. Gemächlicher. Die Stimmen fließen zu einem Worttümpel zusammen. Alles zusammen ein Hintergrundrauschen als Leinwand für Lottes Gedanken.

Wo vorhin unzählige Wasserläufer zu sehen waren, ist jetzt nur noch graue Ruhe.
Lotte weiß, auf das Abendkonzert der Grillen und Frösche muss sie noch eine ganze Weile warten. Und, wenn sie Glühwürmchen sehen will – hoffentlich gibt es überhaupt welche – dann dauert das ebenfalls noch seine Zeit.

Lotte schaut den kleinen Blumenstrauß an, den sie vorhin beim Spaziergang gepflückt hat. Margeriten, Wiesensalbei, roten und weißen Klee und verschiedene Gräser hat sie gefunden. Ein „dennoch Gruß“ vom Wegesrand. Denn trotz des anhaltenden Sommerlochs blühen die Blumen unverdrossen.
„Vielleicht sollte ich mir an den Blumen ein Beispiel nehmen“, sagt sie zu den Schnaken, die an ihr vorbei summen. „Mehr es ist, wie es ist, statt zu hadern und zu grübeln“.
Ihr Blick gleitet über den See. Leo hat schon recht, ich bin mit meinen Gedanken nie richtig da.
Wie Wetterleuchten blitzen hell Kränkungen und Verletzungen aus der Vergangenheit in ihrem Kopf auf. Inzwischen kommt das Gedankenkarussell gar nicht mehr zum Stillstand. Trotzdem hätte er sich nicht gleich trennen müssen, finde ich!
Der Stimme, die Lotte zuflüstert „er hat lang mit dir Geduld gehabt und dich unterstützt, wo immer er konnte“, schenkt sie jetzt zum ersten Mal Aufmerksamkeit. Sie hört zu. Hört sich das Unangenehme an. Lässt zu, dass ein wenig schlechtes Gewissen in ihr aufsteigt.

Lotte seufzt. „Ich weiß, es war keine Willkür von ihm. Es wird Zeit, dass ich etwas ändere. So mag ich nicht weitermachen. Ich kann es auch nicht!“, flüstert sie in ihren Strauß hinein.

Als die Sonne längst im See versunken ist und der Steg mit dem Nachtblau verschmilzt, kommt der Regen zurück.
Lotte bleibt trotzdem auf dem Steg sitzen. Sie lässt sich nass regnen. Begrüßt jeden Tropfen auf der Haut. Der Regen zeigt ihr, dass sie lebt. Wahrnimmt. Spürt. Empfängt.

Und als sie später – viel später – aufsteht, um in das nahe Hotelzimmer zu gehen, fühlt sie sich leichter. Es kommt ihr vor, als ob der Regen Gräben in ihren Frustschutzschild gespült und so den Lebensgeistern Raum geschaffen hätte.

 

 

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Foto: © Erwin Grundler, Überlingen (vom 9. Juli 2021 – ich saß im Gartenrestaurant des Hotels, als es diesen Sonnenuntergang gab)

 

7 aus 12 | Etüdensommerpausenintermezzo II-2021 | Irgendwas ist immer (wordpress.com)

 

Hier kannst Du einen Blick  auf das Hotel werfen – es gehört zur Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen und liegt etwas unterhalb der Klosterkirche Birnau

http://www.rebmannshof.de/

 

12 Kommentare
  1. Christiane
    Christiane sagte:

    Was denkst du, gibt es eine Chance für die Zukunft? Ich sehe deinen Figuren gerne beim Nachdenken zu. Ihr Wetterleuchten im Kopf ist ein schönes Bild, das muss ich mir merken 😉
    Und das Bild ist wirklich zauberhaft. 👍
    Einen schönen Abend dir!
    Abendgrüße 😁🌦️🍷🥨🧀👍

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Christiane,
      danke dir.
      Ja, die Chance für ihre Zukunft gibt es auf jeden Fall. Wenn sie wahrzunehmen beginnt, dass er Geduld hatte und sie mitbeteiligt ist, dann ist es oft schwierig, wieder dahinter zurückzukehren. Sie wird sich dem stellen, was da kommt, da bin ich sicher. Wie weit sie kommt – das ist dann die Frage. Aber, optimistisch, wie ich bin, gehe ich davon aus, dass sie Fortschritte macht.

      Der Anblick war auch zauberhaft…
      Ich schicke dir sonnige Grüße
      Judith

      Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Danke Dir, freut mich, dass sie Dir gefällt.
      Frustschutzschild finde ich auch klasse – ein wenig Zungenbrecher, aber insgesamt doch eindrücklich und verständlich.
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
  2. puzzleblume
    puzzleblume sagte:

    Schön beschrieben, diese sommerliche Szene, von der Lottes Gedankenarbeit umgeben ist und das Flüstern in den Wiesenblumenstrauss, der wie eine Entsprechung der gebündelten Gedanken wirkt, ist für mich ein ganz besonders eindringlicher und anschaulicher Moment.

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  1. […] auf Olpo Olponator: Urlaub ahoi!, CharlyJudith auf Mutiger leben: Sonnenuntergang am Bodensee, AbendsUlrike auf Blaupause7: Still ruht der See, Ab in den Norden, Die ideale Abwehr, Summer in […]

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