Irrtümer

Heute habe ich in meinem alten Schreibbuch geblättert. Auch 2016 habe ich bei Susanne Niemeyer das Schreiben zur Fastenzeit mitgemacht. Am 6. März 2016 habe ich zur Frage von Susanne „Wenn Dir jemand sagte, Du irrst – wer müsste das sein, damit Du dem Glauben schenkst?“ folgenden Text geschrieben:

 

DSC_3535

<Sie, die alles weiß, alles geschaffen hat, bei uns Menschen ist in Freude und Leid, sie würde mich in der Menge entdecken. Sie käme auf mich zu, ein zärtliches Lächeln in den Augen. Sie würde mir die Hand reichen und zu mir sagen: „Komm mit!“ Nur diese zwei Worte. Nicht mehr. Sie würden ausreichen, damit ich ihr folgte.
Sie führte mich hinaus aufs freie Feld. Zu einer roten Bank. Sie nähme Platz. Klopfte einladend neben sich. Lüde mich ein, mich bei ihr niederzulassen. Dann schaute sie mich an. Sähe mich. Nicht nur außen. Nein, sie sähe in mich hinein. Ganz tief. Bis dahin, wohin ich selbst kaum vordringe. Sie umfinge mich mit ihrem Blick. Hüllte mich ein in ein spinnfadenzartes Gewebe aus Wärme und Liebe. Sie schwiege. Dann würde sie sagen:
„Es stimmt nicht, dass Du nicht gut für Dich selbst sorgen darfst.
Es stimmt nicht, dass Du Deinen Träumen nicht trauen darfst.
Es stimmt nicht, dass Du weniger wert bist als andere.
Es stimmt nicht, dass Du nicht ernst genommen wirst.
Es stimmt nicht, dass Du nicht gut genug bist.

Aber es stimmt, dass Du eine wunderbare Frau bist. Wenn es Dich nicht gäbe, fehlte im Menschheitspuzzle ein Stück. Vielleicht eines von der Erde. Vielleicht eines vom Himmel. Vielleicht eines von der Sonne, die Licht bringt. Vielleicht eines vom Sommerregen, der die Saat wachsen lässt. Aber, meine Liebe, wo das Stück fehlte, ist egal; tragisch ist, dass es fehlt.“

Dann legte sie ihre Hand auf meine Stirn, meine Augen, meinen Mund, meine Hände, mein Herz. Sie segnete mich und verschwände.
Ich bliebe zurück. Ihre Wärme und ihre Worte umfingen mich. Ich bewahrte sie in meinem Sehen und Sprechen, im Handeln und Fühlen. Und ich glaubte. Ihr. Ihren Worten. Ihrer Liebe. Ganz sicher.

 

Wie würdest Du diese Frage beantworten?

Foto: Erwin Grundler, Überlingen-Aufkirch
0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert