Montag, 31. August 2020

10.30 Uhr – Langsam, ganz langsam

Es dauert, bis meine Betriebstemperatur erreicht ist. Heute früh geht alles sehr langsam. Zum ersten Mal seit ca. 4 Wochen lese ich während des Frühstücks wieder in der Zeitung. Als Erstes gilt mein Interesse heute dem Wetterbericht. Wie wird es morgen sein? „Eigentlich“ haben drei Freundinnen zur Nachfeier ihrer Geburtstage bei I. im Garten eingeladen. Funktioniert natürlich nur bei trockenem und angenehmen Wetter.
Nö, das wird nichts: es soll ganztags regnen und sehr frisch sein. Da kommt bestimmt noch eine Absage heute.
Mal abwarten.

13.00 Uhr – Wusste ich es doch

Ja, inzwischen ist die Absage da. Schade, ich hätte gerne mal wieder einen Großteil der Frauen aus dem Frauentreff gesehen. Aber, nun ja, es passt halt nicht.
Zwei Koffer sind schon ausgeräumt und das Meiste davon ist auch aufgeräumt. Die neue Waschmaschine ist installiert – unsere alte ging ja vor ca. drei Wochen kaputt. Nun heißt es für mich, mich wieder auf ein neues Gerät einzustellen. Wird schon klappen – trotz größerer Programmauswahl.
Die Sonne gibt sich die Ehre. Ich telefoniere auf dem Balkon und genieße die Wärme.

19.30 Uhr – Ein Wolkenbruch

Es wird schwarz. Die Wolken hängen tief über der Stadt. Nichts ist es mit schnellem vorüberziehen. Mein Blick geht sorgenvoll zum Himmel. Erwin sagt, es kommt nichts. Ich traue dem Frieden dennoch nicht.
Wir sitzen draußen. Der Wind nimmt zu. Plötzlich beginnen die Menschen zu rennen. Die ersten Tropfen fallen. Und dann gehen die Schleusen auf – ein Wolkenbruch wie aus dem Bilderbuch. Das Thermometer fällt. Ein Regenbogen erscheint am Himmel.
Ob das der Anfang des gemeldeten Regens für die nächsten Tage ist?

22.00 Uhr – Nachrichten

Ich habe von der Demonstration in Berlin gelesen. Ich habe die Bilder im Fernsehen gesehen. Ich höre Menschen zu, die ihre Meinung kundtun. Ich sitze hier und schüttle den Kopf.
Ja, natürlich: Wir leben in einer Demokratie. Da gibt es das Recht auf „freie Meinung“ und das „Recht auf Demonstration“. Beides ist vorhanden. Beides nutzen diejenigen, die auf die Straße gehen – selbst wenn sie behaupten, sie müssen demonstrieren, weil ihre Freiheit eingeschränkt sei.

Und ja, sicher ist der größere Teil der Demonstrierenden nicht dem rechten Spektrum zuzuordnen – das gestehe ich gerne zu.
Was ich mich allerdings doch frage: Wie kann es sein, dass sie sich nicht von denen, die eindeutig „rechts sind und rechts reden und hetzen“, distanzieren? Ist es ihnen einfach egal? Tun sie, als ob es anders wäre? Sympathisieren sie heimlich doch?
Ich verstehe es nicht – und: ich will es auch nicht verstehen. Da taucht bei mir die Frage nach dem Gewissen auf – und die nach der Verantwortung.

Ich sehe mich an einem Elternabend in der Schule sitzen. Es ging um die Frage nach Schuld und Verantwortung im Zusammenhang mit ausgeübter Gewalt.
Die Situation war folgende: Einer der Schüler hatte einen anderen geschlagen und er trat noch auf ihn ein, als dieser schon auf dem Boden lag. Einige andere Mitschüler standen dabei und schauten zu – zwei, drei feuerten den Schläger an. Keiner, gar keiner, half dem Opfer oder versuchte, Hilfe zu holen.
Das bedeutete Sanktionen von Seiten der Schule, sowohl gegen den Schläger als auch gegen diejenigen, die „nur“ dabei standen.
Ich war Elternvertreterin in dieser Klasse und ein paar Eltern erwarteten von mir, dass ich ihre Kinder gegen „die da oben“ verteidige und in Schutz nehme, denn – so die Aussage – „sie haben ja nichts gemacht!“
Ist dabei sein und geschehen lassen tatsächlich nichts gemacht?
Ist es tatsächlich so, dass nur der „Schläger“ Verantwortung übernehmen muss?
Um diese Fragen drehte sich das Gespräch – und ich vertrat damals schon die Meinung, dass derjenige, der zusieht (oder wegsieht) und keine Hilfe holt, sehr wohl eine Mitverantwortung trägt für das, was passiert.

Das ist heute auch nicht anders. Und offensichtlich ist die Sache mit der Verantwortung für manche Menschen heute ebenso schwer zu verstehen, wie es damals für manche war.
Ich kann zu den Geschehnissen vom Wochenende nur feststellen: Niemand, der/die dabei war, kann sagen, er/sie hätte nicht gewusst, wer da mitmischt!

 

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