„Ob die Sonne glücklich ist, wenn sie uns bescheint?“

Diese Frage stellte Werner Kastens am Dienstag zur Themengeschichte 5 „Ob“. Hier kommt meine Antwort.

Graue Wolken stehen am Himmel zwischen Blau und Weiß. Wie Watte hockt Frau Luna dazwischen und schaut auf die Erde. Da entdeckt sie, hinter einem besonders dicken Wolkenberg, die Sonne.
„Guten Morgen, Sonne“, sagt Frau Luna zu ihr, „sag, hast du dich versteckt?“
Die Sonne schnieft. Schaut zu ihr hinüber. Nickt. Da verrutschen zwei ihrer Strahlen und fallen durchs Grau. „Komm, erzähl mir, was los ist“, bittet Frau Luna. „Weißt du, erstaunlich oft hilft es, wenn man über seine Sorgen redet“.

Erst ziert sich die Sonne ein wenig. Dann aber holt sie tief Luft und sagt: „Weißt du, es ist schwer zur Zeit! Die einen wollen, dass ich immer da bin, damit sie die Tage draußen genießen können – am liebsten von morgens bis abends. Die anderen schimpfen und sagen <ich würde alles vertrocknen lassen und sie wünschen sich lieber Regen. Und wieder andere sagen, ich sei zu grell und würde der Haut schaden.“ Jetzt beginnt die Sonne zu weinen. „Ich bin so unglücklich“, schluchzt sie. „Ich will aber wieder zufrieden sein. Kannst du mir helfen, Frau Luna?“

„Ach, Sonnenschein“, antwortet Frau Luna. „Ja, manchmal ist das so, dass alle etwas anderes wollen. Aber merk dir: Du kannst es nie allen recht machen. Und das ist auch nicht dein Auftrag. Du sollst DU sein, tun, was das DEINE ist. Mit ganzem Herzen. Ohne <Wenn und Aber> sollst du deine Gabe lieben und leben. Für alles andere sind die Menschen selbst verantwortlich. Du strahle und sei glücklich. Das ist alles“.
Frau Luna schenkt ihr ein Lächeln, bevor sie verschwindet.

Die Sonne denkt noch ein wenig nach. Dann kriecht sie hinter der Wolke hervor und überzieht die Welt mit Wärme und Licht.
Als sie abends zu Bett geht, ist sie glücklich – denn sie hat gesehen, wie manche Menschen mit und wegen ihr strahlten.

 

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Foto: © Grundler, Überlingen

 

2 Kommentare
  1. wordsowl
    wordsowl sagte:

    Hach, schön! Den Rat von Luna können wir wohl alle ab und zu gebrauchen. Man kann es nicht allen recht machen, ist oft viel einfacher gesagt als getan. :-)

    Liebe Grüsse
    Larissa

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