Online-Schreiben „Leben heißt“-Woche 4 Tag 6: Gestatten, Frau Musenkringel

Frau Musenkringel ist irgendwie dazwischen. Die Haare sind weder braun noch blond. Sie sind zu einem klassischen Bob geschnitten. Ihre Augenfarbe ist weder grau noch blau. Sie ist nicht richtig dünn, aber auch nicht dick. Ihre Brille ist rahmenlos und fällt deshalb erst auf den zweiten Blick auf – vorausgesetzt, man riskiert einen solchen überhaupt.
Am liebsten trägt sie blau. Dunkelblau, blassblau, mittelblau. Und silbergrau. Entweder kombiniert sie diese Farben miteinander oder sie trägt sie Ton in Ton. Frau Musenkringel trägt am liebsten Röcke und Kleider. Sie sind stets von bester Qualität und sittsam geschlossen. Ihre Schuhe sind ausnahmslos schwarz und sie geht nie, wirklich nie ohne Strümpfe aus dem Haus.
Kein Ring ziert ihre Finger. Ohrringe hat sie auch keine an. Überhaupt besitzt sie keinen anderen Schmuck als eine Perlenkette; ein Erbstück ihrer Oma.
Alles an ihr schreit laut „Unauffällig“.
Was Frau Musenkringel tut, woher sie kommt, was sie mag – darüber schweigt sie sich wortreich aus. Und was sie will, das weiß nur sie allein.

Ich bin Frau Musenkringel am See begegnet. Ich saß dort auf einer Bank und schrieb. Sie sah mich Schreiben und setzte sich neben mich, um mir zuzusehen.
Das erzählte sie mir aber erst später.

Ich hätte sie nicht bemerkt, wenn nicht plötzlich – ganz in unserer Nähe – zwei Hunde lautstark auf einander losgegangen wären. Darüber bin ich so erschrocken, dass ich aufsprang. Dabei fielen das Heft, der Stift und meine offene Tasche auf den Boden. Lippenstift, Taschentücher, Geldbeutel, das Krimskrams-Täschchen, Stifte, alte Kassenbons, Halstabletten, der Schlüsselbund und das Handy lagen auf dem Boden.
Da stand Frau Musenkringel auf und half mir, meine Siebensachen einzusammeln. So kamen wir ins Gespräch. Über mein Schreiben. Und siehe da: Ich hatte eine Expertin gefunden, wie sich am Ende unseres zweistündigen Gesprächs herausstellte, denn nie zuvor habe ich ein so tiefgründiges Gespräch über das Schreiben geführt wie mit Frau Musenkringel. Ich wusste es sofort, dieses Gespräch würde mich fortan begleiten.

Als sich Frau Musenkringel verabschiedete, pflückte sie ein paar Gänseblümchen, gab sie mir und sagte: „Danke. Es war sehr anregend mit ihnen zu plaudern. Nächste Woche zur selben Zeit wieder hier?“ Und ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand sie.

Ich schaute ihr lange nach. Dann nahm ich mein Heft und den Stift zur Hand und fing an zu schreiben.

 

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Foto: © Erwin Grundler, Überlingen

3 Kommentare
  1. Christine Schoch
    Christine Schoch sagte:

    Hallo liebe Judith,
    gerade habe ich die WIR Geschichte mit Julia geschrieben, acht Seiten sind es geworden.
    Und ich bin sehr zufrieden mit mir, dass ich mich am Ende des Online Schreibens darauf einlassen konnte , freut mich sehr.
    Während der gesamten vier Wochen habe ich täglich dazugelernt und möchte mich bei Dir ehrlich und von Herzen sehr bedanken : für das tolle Thema, die interessanten Übungen, die feine Gestaltung jeder einzelnen Tagesseite – es hat mir viel Spaß und Freude gemacht.
    Ich bin gespannt auf deine Pläne mit weiteren Onlinekursen und -seminaren. Und wünsche Dir dazu viele gute Ideen und Erfolg.
    Dennoch freue ich mich sehr auf ein persönliches Wiedersehen und hoffe, dass dies bald wieder möglich sein wird.
    Für heute : einen wundervollen Tag und ganz herzliche Grüße
    Christine

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Christine,
      wow, acht Seiten! Super. Das freut mich für dich.
      Vielen Dank für deinen Dank – der freut mich riesig. Schön, dass Thema, Übungen und Gestaltung dich angesprochen haben.
      Ja, auch ich freue mich auf ein persönliches Wiedersehen, auch, wenn ich es sich noch nicht abzeichnen sehe.
      Vielleicht bist du ja beim nächsten Schreiben wieder dabei (Näheres im Mai-Newsletter).
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten

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