Online-Schreiben „Leben heißt“- Woche 4

Tag 1: Rückblick
Was alles war. Zähle auf. Nimm die positiven Sätze – kürze sie durch streichen einzelner Wörter. Mach aus dem Rest der Worte ein Gedicht.

Texte
wie Sonnenschein

malen
und spielen

im Wald sein
gehen
nur gehen

Fliederduft
lädt mich ein.

Tag 2: Ausblick
Schreibe einen Text im Konjunktiv, was Du tun würdest, wenn … Dazu gab es zwei Schreibvorschläge. Anschließend sollte der Text umgearbeitet werden in einen Aufruf „Ich werde!“

Wenn das Online Schreiben vorüber ist, dann werde ich trotzdem weiterschreiben. An jedem einzelnen Tag. Mal kürzer und mal länger, mehr oder weniger. Aber regelmäßig.
Das ist mir wichtig. Denn Schreiben bringt mich zu mir selbst. Ich komme ins Nachdenken. Sortiere innerlich und räume aus und auf. Manchmal finde ich neue Gedanken, ein anderes Mal finde ich einen ganz alten Gedanken wieder. Ich wiederhole. Erinnere mich. Verstärke. Erfinde. Pflanze ein. Hege und pflege.
Ich werde weiterschreiben. Mich mit etwas beschäftigen, was mir Freude macht. Ein Augenblicksglück beschert. Oder ich kann mich abreagieren. Oder ein Bild aus Worten zeichnen. Oder Erinnerungen umformen.
Ja, ich werde schreiben. Weiterschreiben. Für mich. Für dich. Für andere. Und ich schreibe – aus lauter Lust am Wort und am Tun.

Tag 3: Heute
Schreibe 15 Sätze, die mit HEUTE beginnen. Suche aus zehn Worte aus. Schreibe damit eine „Freie Lyrik“. Ich habe mich nicht an meine eigene Anregung gehalten – sondern zu den 10 Wörtern noch andere dazu genommen (das war gerade notwendig)!

Mürrisch
verdamme ich
das Virus
in den Wind

lasse
die Augen
spazieren gehen

sie
riechen nicht
was
ich mag

doch
Seelenwellen
ködern
mich.

Tag 4: Morgen
„Schließlich, morgen ist auch noch ein Tag!“, sagt Scarlett in „Vom Winde verweht“, als sie vor dem Nichts steht. Schreibe über diesen Satz eine „flammende Rede“.

„Schließlich, morgen ist auch noch ein Tag!“. Ich glaube, liebe Freundinnen, dass wenige Sätze das <Prinzip Hoffnung> besser ausdrücken, als dieser Satz von Scarlett O’Hara in „Vom Winde verweht“.
Ja, morgen ist auch noch ein Tag. Daran will ich glauben. Mit allem, was ich habe.

Und, während ich das schreibe, merke ich, wie die Kritikerin in meinem Kopf zu ihrer Hochform aufläuft. „Ja, ja, ja!“, höhnt sie. „Du wieder. Du weißt schon, dass du morgen nicht mehr sein könntest. Und komm mir jetzt bloß nicht mit <das war schon immer so>. Stimmt, aber jetzt ja wohl erst recht. Also, mach voran – aufschieben geht nicht mehr in diesen Zeiten. Mach, alles, was noch geht!“

Ich verdrehe die Augen. Die Inneren ebenso wie die Äußeren. „Du magst mit allem rechthaben“, antworte ich – und schicke sie mit einem Buch auf den Balkon. Denn den Glauben „Morgen ist auch noch ein Tag“, den lasse ich mir von ihr nicht kaputt reden. Nicht kleinmachen. Nicht wegnehmen.
„Morgen ist auch noch ein Tag“ – das erzählt davon, dass es weitergeht. Dass das Leben Wege findet. Dass auch nach der Brache wieder Blätter treiben. Und mag es auch schlimmste Kriege, Naturkatastrophen, Pandemien und schädliche Dummheit geben – dann wächst auch im nächsten Jahr wieder ein Löwenzahn, dessen Samen heute vom Wind verweht wurden.

Tag 5: Ich
Die Aufgabe lautete, 10 Minuten zum ICH zu schreiben. Was ich mag, bin, kann, Einstellung, Haltung etc. Schreibe ein HAIKU als Fazit.
Ich bin – gewandelt
und geworden – jetzt mitten
im Leben – Glücksfall.

Tag 6: Du
Denke Dir ein Du aus – Frau Piesezwickel oder Herr Hasenluchs oder…
Beschreibe sie/ihn. Führe einen schriftlichen Dialog mit diesem DU – und zwar über das „SCHREIBEN“. Ziehe ein Fazit über das Gespräch.

Unter folgendem Link findet sich mein DU – der Text wäre hierfür zu lang: https://mutigerleben.wordpress.com/2020/04/25/online-schreiben-leben-heisst-woche-4-tag-6-gestatten-frau-musenkringel/

Hier das Fazit unseres Gesprächs über das Schreiben:

Schreiben lässt erinnern.
Schreiben hilft sortieren.
Schreiben hilft heilen.
Schreiben schenkt Freude.
Schreiben entführt in andere Welten.
Schreiben lässt mich in der Fantasie Spazierengehen – und mit ihr auch.
Schreiben weitet den Horizont.
Schreiben ist Glück.

Deshalb liebe ich das Schreiben.

Tag 7: Wir
Julia wünscht sich ein WIR, sie war schon viel zu lange allein. Als Mathias sich von ihr trennte, verlor sie nebenbei auch den gesamten Freundeskreis. Kein Wunder, schließlich war Mathias derjenige, in dessen Glanz sich die Menschen sonnen konnten. Dumm nur, dass Julia im Lauf der Zeit den Kontakt zu all ihren Freundinnen aufgegeben hat, weil Mathias die „Mädels“, wie er sie abfällig nannte, als zu gewöhnlich empfand. Auch zwischen ihr und ihrer Schwester Tine, die lange ihre engste Vertraute war, herrscht Funkstille. „Sorry, Julia“, hat sie beim letzten Gespräch gesagt, „aber so lange du mit Mathias zusammen bist …“ Und nun ist auch noch ihre Mutter zu ihrem neuen Lebensgefährten nach Südfrankreich gezogen.
Jetzt hat Julia niemanden mehr. Schmerzlich vermisst sie einen gemeinsamen Bummel über den Markt oder einen Spaziergang. Gespräche über ein Buch, einen Film, eine Ausstellung – wie lange hat sie das schon nicht mehr gehabt. Sie erinnert sich an Freundinnen-Tage mit Gelächter und Albernheiten, stillem Verständnis, gegenseitiger Wertschätzung. An Kochabende und Backorgien. An das Füreinander da sein. An Trost.

„Was für ein WIR suchst du denn?“, piepst der Spatz, der auf der Lehne ihrer Bank sitzt und sie mit schräggelegtem Kopf ansieht. Julia schaut ihn an.
„Ts. Ts. Na ja, du musst schon wissen, nach was genau du suchst!“
Julia schweigt.
Der Spatz auch. Er hüpft ein wenig hin und her. Kommt zurück. Schaut Julia wieder an und fragt: „Und, was hast du schon getan, um eine gute Freundin zu sein?“
Julia schweigt immer noch. Dass ein Spatz mit ihr redet, das fasziniert und erschreckt sie gleichermaßen.
„Tschilp. Tschilp. Denk mal darüber nach. Und wenn du dann Antworten hast, geh los und sei eine Freundin“.
Der Spatz fliegt davon.
Julia bleibt zurück.

 

DSC_2635

 

Foto: © Erwin Grundler, Überlingen

 

 

44 Kommentare
  1. Christine Schoch
    Christine Schoch sagte:

    Hallo liebe Judith,
    hier mein AUSBLICK heute Morgen :
    Wenn das Online-Schreiben vorüber ist, werde ich mein übliches Schreiben beibehalten.
    Ich werde das „6 Minuten Erfolgsjournal “ beginnen und mich damit unterstützen an Themen dranzubleiben, die immer wieder auftauchen.
    Ich werde das Online-Schreiben noch einmal durchgehen und mir Schreibaufgaben , die ich gerne wiederholen möchte, herausfiltern.
    So hat mir z.B. die „Momentaufnahme“ gezeigt, wie intensiv eine Stimmung eingefangen werden kann, in dem „nur“ da steht, was gerade ist – das finde ich toll !
    Mein persönlicher Ausblick geht auch schon ca. 3 1/2 Jahre weiter – vermutlich werde ich dann in Rente sein : die letzten Wochen haben mir gezeigt, wie kostbar die frühen Morgenstunden für mich sind – hier kann ich am besten schreiben. Diese Erfahrung möchte ich gerne dahin mitnehmen – denn das wird mir sehr helfen, gut in diesen neuen Lebensabschnitt hinein zu finden.

    Ganz herzliche Grüße und ein DANKESCHÖN
    Christine

    Antworten
  2. Elvira
    Elvira sagte:

    Liebe Christine,
    ich weiß gar nicht, ob wir uns kennen,
    aber das Schreiben am Morgen ist auch für mich etwas Besonderes.
    Da sind die Gedanken noch so unverfälscht und „jungfräulich“.
    Der Einfluss des Tagesgeschehens belastet noch nicht.
    Gutes Gelingen für dich!
    Elvira

    Mein Ausblick

    Wenn das Online Schreiben vorbei ist, beginne ich wieder mit dem Schreiben am Morgen. Die erste frühe Zeit gehört ganz mir und ich kann meine Gedanken ordnen.
    Ich bleibe aktiv im Beobachten, sortiere, unterscheide, was mich schwächt und was mich stärkt.
    Das Schreiben ermöglicht mir zu erkennen, was ich lösen kann und was nicht.
    Ich werde außerdem jeden Tag drei Glücksmomente aufschreiben, damit die Angstgedanken keine Macht mehr haben. Dadurch entsteht eine besondere Haltung der Achtsamkeit mit mir selbst.
    Wenn das Online Schreiben vorbei ist, werde ich die gewonnene Leichtigkeit immer wieder zu mir rufen und das „Dazwischen“ einfach aushalten.

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Elvira,
      aus meinen Gruppen heraus kennt ihr beiden euch nicht, das kann ich sicher sagen. Aber, wer weiß?
      Schön, dass auch du am Schreiben bleibst – und die Idee der Glücksmomente ist eine tolle. Das setze ich immer wieder in der Beratung ein und häufig mache ich es auch selbst – jeweils für drei bis vier Wochen.
      Ich wünsche dir ein gutes DAZWISCHEN.
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
  3. Christine Schoch
    Christine Schoch sagte:

    Hallo liebe Elvira,
    ich weiß auch nicht, ob wir uns kennen.
    Aber wir erleben, dass das Schreiben uns verbindet – das ist schön !
    Und wohltuend, wenn ich spüre, dass ein anderer Mensch mich versteht.
    Ich wünsche dir auch gutes Gelingen für deine Pläne !
    Liebe Grüße
    Christine

    Antworten
  4. Cornelia
    Cornelia sagte:

    Rückblick:

    Sonntag
    köstliche Schokomuffins

    Zusammen essen,
    reden und spielen.

    Herrliche Blumen
    mit herzlichem Gruß

    Eine Gabe
    freudiger Dank zurück

    Entlang der Donau
    in der Frühe
    Ruhe

    Antworten
  5. Elvira
    Elvira sagte:

    Heute

    Ein neuer Anfang
    Chance und Verpflichtung
    kostbar und einzigartig
    wach sein und sehen
    dem Gestern verzeihen
    Pflücke den Tag!

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Danke dir, Elvira.
      Den Tag pflücken – das gefällt mir. Da gab es mal einen wunderbaren Fotoband mit Texten zu den Fotos, der hieß auch „Pflücke den Tag“.
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
      • Elvira
        Elvira sagte:

        Liebe Judith,
        vielleicht hab ich das “Pflücken“ auch schon mal früher gehört oder gelesen, bewusst ist es mir nicht,
        Was mir daran gefällt, dass man bei dieser Vorstellung selbst aktiv wird und nicht ausgeliefert ist.
        Hab einen entspannten Abend!
        Elvira

        Antworten
  6. Roswitha Bickel
    Roswitha Bickel sagte:

    LEBEN HEISST 22.04.2020

    HEUTE
    Heute
    bin ich
    froh und traurig
    tröstende Rosen erstrahlen
    Heute
    lacht Erleichterung
    aus meinem Gesicht
    Heute
    habe ich Land gesehen
    die Bergspitze erreicht
    Heute
    habe ich
    die Angst beerdigt
    zumindest für
    HEUTE

    Antworten
  7. Elke
    Elke sagte:

    Heute

    die sonne verschwendet
    großzügig ihr licht
    zartes blattgrün taucht
    den wald in sanftes leuchten
    vögel zwitschern sich in mein herz
    blütenstaub durchdringt die luft
    der atem liegt
    schwer auf meiner brust
    und doch
    schwebt er federleicht
    empor

    Antworten
  8. Elke
    Elke sagte:

    Tja, was soll ich machen… von flammender Rede kann bei mir heute leider nicht die Rede sein. Es floss was anderes aus der Feder und ich wollte mich nicht verstellen. Also heute nur Teil 1, das „Vorprogramm“ sozusagen. Teil 2 mit den Übertreibungen (da freu ich mich schon drauf) folgt sobald es mir möglich ist ;-)

    Schließlich, morgen ist auch noch ein Tag!
    Heute habe ich gar keine Lust auf Morgen
    Wozu? Was erwartet mich?
    Im Moment sehe ich nur dunkle schwere Wolken
    Ja – ich verweigere mich
    schaffe es nicht, das Morgen anzunehmen
    spüre Druck
    ich weiß, dass es auch anders geht
    – aber eben doch nicht
    Regentropfen fallen aus den Wolken
    machen das Jetzt ein wenig leichter
    na gut
    mal schauen was kommt
    Schließlich, morgen ist auch noch ein Tag!

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Elke,
      danke dir.
      Wer kennt solche Tage nicht? Gut, dass du dem nicht ausgewichen bist, sondern es zulässt. Du erinnerst dich an „Annehmen“?
      Und auf den Rest freue ich mich schon!
      Gutes durchhalten wünsche ich dir – und, wenn es hilft, auch Regentropfen
      herzlich
      Judith

      Antworten
      • Elke
        Elke sagte:

        Liebe Judith, das ist das Schöne hier, dass ich ehrlich schreiben kann was (gerade in mir) ist und nicht was sein „sollte“.
        Im Alltag kommt es immer mal wieder vor, dass ich reagiere ohne innezuhalten, ob das, was ich tue, wirklich meinem Innersten entspricht oder (auch manchmal aus Angst heraus) eher den Erwartungen im Außen. Danke dir! Herzliche Grüße zurück :-) Elke

        Antworten
  9. Elvira
    Elvira sagte:

    So, ich probier’s mal mit der Rede, einfach so aus dem Bauch heraus…

    Liebe Freunde,
    wir wollen heute diskutieren über das Thema „Heute oder morgen“, genauer gesagt schnelle Lösungen gut zu heißen oder überdachte, ausgereifte, nachhaltige Strategien zu entwickeln.
    Das Thema wirft zahlreiche Fragen auf:
    Sind schnelle Lösungen die besten?
    Sind „Schnelllöser“ die Sieger, die klügeren Menschen, die Helden?
    Diesen Fragen wollen wir heute in der anschließenden Diskussion auf den Grund gehen.
    Untersuchungen haben ergeben, dass besonders Männer dazu neigen, übereilte Lösungen vorzulegen. Ein immer fortdauernder Konkurrenzkampf zwischen ihnen lässt sie in narzisstischer Weise ihren Vorteil sehen. Erster, besser, schneller zu sein, wurde ihnen offensichtlich schon in die Wiege gelegt.
    Leider krankt diese Strategie und schlägt oft fatal zurück. Bedenket bitte, all die Burnouts und Herzinfarkte, die diese Menschen treffen ….
    Ich frage euch: Muss das sein? Müssen Probleme immer sofort gelöst werden?
    Wäre ein ruhiges Abwägen, ein achtsames Ausharren nicht von Vorteil für uns alle?
    Könnten wir nicht einfach entspannter miteinander umgehen, ließen wir den Faktor „Zeit“ einmal außen vor.
    Mir kommt da der Leitsatz in den Sinn:
    „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“
    Meine Freunde, wer sagt denn diesen Satz, der in den meisten als Antreiber wirkt?
    Ich eröffne nun die Diskussion mit folgendem Impuls:
    Was ist so dringlich, dass es nicht auch bis morgen Zeit hätte. Welche Ruhe und Gelassenheit
    könnte vielleicht einkehren mit dieser Haltung?
    Schließlich, morgen ist auch noch ein Tag!

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Wunderbar, danke dir dafür.
      Da sind doch gerade eine Reihe Männergesichter an meinem inneren Auge vorüber gezogen.
      Ja, die Antreiber in uns sind fatal – zumindest, so lange sie ungeniert handeln und antreiben dürfen.
      Und ja, lass uns probieren, einige Dinge auf morgen zu verschieben: bügeln, Schränke auswaschen und Büro aufräumen. Das ist das allererste, das mir dazu einfällt.
      Ich bin gespannt, was noch kommt.
      Hab es fein.
      Gute Nacht,
      Judith

      Antworten
  10. Cornelia
    Cornelia sagte:

    Schreiben ist auch ne gute Beschäftigung, für ne ’schlaflose‘ Nacht…

    Heute

    Heute ist die Zeit
    um zu leben.
    Es ist geschenkte Gegenwart.
    Ich kann sie annehmen
    und gestalten.
    Manches muss ich hinnehmen.

    Meine Zeit.

    Brief an meine Familie und Freunde:

    Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf Morgen – war ein Satz, den ich in meiner Jugend immer wieder zu hören bekam. Heute weiß ich, dass es auch Tage gibt, an denen ich – ohne schlechtes Gewissen – ‚chillen‘ darf. Das ist nämlich auch wichtig.
    Etwas aufschieben – auf die lange Bank schieben, ist immer noch mit Negativem behaftet. Dabei ist Morgen auch noch ein Tag! Es gilt besonders heute für unsere schnelllebigen Zeit immer mehr, die sogenannte Work-Life-Balance zu finden. Und dazu gehören eindeutig auch Zeiten des Nichtstuns, um mal abzuschalten, durchzuschnaufen und zur Ruhe zu kommen.
    Corona hilft uns hierbei – eindeutig. Wir sind gezwungen runterzufahren und manches was wir besorgen wollen geht einfach nicht – wir müssen warten und uns in Geduld üben.
    Hoffen auf ein Morgen, in dem irgendwann wieder ‚Normalität‘ einkehren wird, in dem wir wieder frei leben können.
    Das Prinzip Hoffnung spricht somit auch für Morgen.
    Manchmal müssen wir sogar wieder einen Schritt zurücktreten, um nach vorne sehen zu können. Auch dies ist die Chance in Coronazeiten. Wir Menschen haben uns ein Stück auch verrannt. Immer höher, schneller, weiter sollte es sein. Alles wollten wir im Griff haben.
    Vieles haben wir dabei aus dem Blickfeld verloren. Menschlichkeit, Miteinander, Rücksichtnahme, Achtsamkeit, Demut, Bewahrung der Schöpfung sind Dinge, die immer mehr verloren gegangen sind. Jetzt ist die Chance, sich wieder zu besinnen und neu auszurichten.
    Der Same, den wir heute säen, wird morgen aufgehen und Blüten/Früchte tragen.
    Ich wünsche uns allen, dass wir diese Chance nutzen und guten Samen streuen.

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Cornelia,
      danke dir.
      Ich finde beide Texte sehr ansprechend.
      Im „Heute“ ist es , die mich anzupft.
      Aus dem Brief nehme ich vor allem die letzten beiden sätze mit.
      Herzliche Grüße
      Judith

      Antworten
  11. Elke
    Elke sagte:

    Liebe Cornelia,
    wie recht du hast. Besonders dein Text zu „Heute“ gefällt mir sehr gut. Sei ganz herzlich gegrüßt, Elke

    Antworten
  12. Elke
    Elke sagte:

    SCHREIBEN
    Frau Muna Lu ist bereits in den Vierzigern, doch ist ihr hüftlanges Haar glänzt immer noch rabenschwarz. Sie ist eher zierlich gewachsen, aber wenn sie lacht, ist man doch erstaunt wie kraftvoll dieses Lachen geradezu aus der vollsten Tiefe ihres Bauches hervor zu brechen scheint – meist kann man sich dem – früher oder später – gar nicht entziehen. Wenn Frau Muna Lu mit dir spricht, kommt es einem so vor, als würde sie immer ein wenig mit den Augen zwinkern, besonders mit dem Linken. Das hat ein bisschen was schelmisches und passt irgendwie gut zu ihrem schrillbunten Kleiderstil. Trotz – oder gerade – wegen des lustigen Zwinkerns, finde ich das Bemerkenswerteste an ihr sind ihre dunkelbraunen, wachen Augen. Es ist sehr beeindruckend, wenn sie dich mit ihrem warmen, stets verständnisvollen Blick empfängt. Du kannst gar nicht anders, als dich liebevoll angenommen fühlen und ihr zu vertrauen. Sicher, sie kann damit auch ziemlich zornig blitzen aber das kommt wirklich nur sehr selten vor. Insgesamt würde ich sagen, Frau Muna Lu strahlt eine herzliche Wärme, eine Menge Power, Humor und Weisheit aus, wie man sie gerne häufiger antreffen würde. Heute habe ich mich riesig gefreut, sie zufällig im Park angetroffen zu haben. Gemeinsam haben wir es uns auf einem netten Bänkchen gemütlich gemacht und dabei das Gesicht in die Frühlingssonne gehalten. Ich erzählte ihr vom Schreiben und da sie sehr neugierig ist, hat sie mich natürlich gleich ausgefragt: „Wie bist du denn auf die Idee gekommen schreiben zu wollen?“ „Nun ja, ich habe schon immer gern geschrieben, mir schon in der Grundschule Kurzgeschichten ausgedacht – äh – also, ehrlich gesagt waren es manchmal nur drei oder vier lange Sätze – aber für mich war dies damals meine komplette Kurzgeschichte, auf die ich sehr stolz war und jedem vorgelesen habe. Später dann Tagebuch. Dies hab ich dann nicht mehr jedem vorgelesen ;-)
    Schreiben ist wie eine Verabredung mit mir selber. Es hilft mir, mich innerlich zu sortieren, verschiedene Perspektiven wahrzunehmen, mich tiefer mit meinen Gedanken und Gefühlen zu verbinden und sichtbar machen was noch unbewusst ist. Schreibend Trost zu finden oder Lösungen zu entdecken und – heute auch kreativ mit den Worten spielen und fantasievoll gestalten macht mir Freude. Meistens jedenfalls. Denn es kitzelt manchmal auch Unvorhergesehenes (angenehm oder unangenehm) aus mir heraus, doch es ist ehrlich, berührt und bringt mich mir näher und manchmal auch wieder was in den Fluss.“ Das ist was sehr Schönes, findet übrigens auch Frau Muna Lu. „Es gibt jedoch auch Tage“, habe ich ihr gestanden „an denen es mir schwer fällt mich zum Schreiben aufzuraffen, wo ich keine Lust habe, keine Ideen und überhaupt lieber was anderes machen würde – wie das dann eben so ist.“ „Ja ja,“ nickt sie verständnisvoll „auch das darf sein.“ Und weil dem einfach nichts mehr hinzuzufügen war, haben wir einfach noch eine Weile die Stille sprechen lassen, auf unserer Parkbank im Sonnenschein…

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Wundervoll, liebe Elke, deiner Frau Muna Lu würde ich gern einmal begegnen und mit ihr über das Schreiben reden.
      Und alles, was du zum Schreiben schreibst, kann ich kräftig benicken.
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
  13. Elvira
    Elvira sagte:

    DU

    Frau Lalapiretta war eine attraktive Frau, jedenfalls nach den herkömmlichen Kriterien zu urteilen. Sie war schlank, hübsch, schick gekleidet und sehr sportlich.
    Manchmal begegneten wir uns und sie fiel mir auf, aber zu einer Begrüßung war es nie gekommen, denn, wie sie in ihrem schneller Walkingschritt unterwegs war, wäre ein kleiner verbaler Austausch unmöglich gewesen.
    Höchst erstaunt war ich, als sie mir einmal geradezu bieder und langsam gehend entgegen kam.
    Ihre Kleidung erschien jetzt geradezu einfach, kannte ich sie doch zuvor in schrillen Farben gekleidet.
    ich schaute sie erwartungsvoll an und wagte einen Gruß.
    Offensichtlich erfreut hielt sie an und wir begrüßten uns. Sie kannte mich nicht, obwohl wir uns häufig begegnet waren. Sie war bislang einfach zu schnell unterwegs.
    Nun erzählte sie mir von ihrer Sportverletzung, die sie zur Langsamkeit zwang. Ich sprach mein Bedauern aus. Sie erklärte mir ihre Probleme mit der Langeweile, gerade jetzt in diesem von der Verletzung geprägten Zustand.
    Ich entgegnete, dass ich Langeweile nicht kenne, dass ich immer etwas zu schreiben hätte.
    Fast etwas verwirrt schaute sie mich an. Schreiben ist gut um Mitteilungen zu versenden.
    Wofür sonst, wollte sie wissen.
    Schreiben ist für mich viel mehr, begann ich.
    Schreiben bedeutet für mich, präsent sein, meine Gedanken ordnen, achtsam mit allen Sinnen auf mich schauen.
    Schreiben ist auch eine Herausforderung. Im Schreiben setzte ich mich mit mir selbst auseinander, nehme alles wahr, was da kommt, muss ehrlich mit mir selbst sein.
    „Ach wirklich?“, meinte Frau Lalapiretta verunsichert.
    Ich bestätigte sie in ihrer Unsicherheit. Sie wollte mehr über mein Schreiben wissen.
    Beim Schreiben kann ich Freude ausdrücken und Schmerz empfinden, alles zulassen, Worte ordnen, mit ihnen spielen, jonglieren. Aus alten Worten kann ich neue machen und so meine Perspektiven erweitern. Und das Schönste ist, im Schreiben bin ich frei, kann überall hin reisen. Kann der Enge in fantasievolle Welten entfliehen, aber auch den innersten Winkel meiner Seele erkunden.
    Schreiben ist so vielfältig und grenzenlos. Wutbriefe fürs Feuer gedacht, sind ebenso heilsam wie schwelgerische Stimmungsbilder fürs Familienalbum. Alles macht mein reiches Leben aus.
    Schreiben ist Freiheit, Träumen, Innovation und Heilung.
    Frau Lalapiretta sah mich erstaunt an und wollte noch mehr über das Schreiben wissen.

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Elvira,
      wie schön, da bist du einer Frau begegnet, die nichts von der Kraft des Schreibens weiß. Toll, wie du es ihr erklärt hast.
      Bist du meiner Frau Musenkringel schon begegnet?
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
  14. Elvira
    Elvira sagte:

    Liebe Judith,

    ja, Frau Musenkringel hat mich sehr beeindruckt. Sie erinnerte mich an meine Geschichtslehrerin am Gymnasium: ausdruckslos und doch tiefgründig.
    Du konntest dich sogar zwei Stunden lang mit Frau Musenkringel unterhalten, mit einer Expertin!
    Deine Geschichte hat mich so neugierig gemacht. Ich würde zu gern erfahren, was sie dir mitgeben konnte.

    Liebe Sonntagsgrüße
    Elvira

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Elvira,
      du wirst es nicht glauben, sie hat mir gar nciht viel mitgeteilt oder mitgegeben – sie hat nur Fragen gestellt. Die erste Frage lautete: Wieso schreibst du? Und glaub mir, sie war nicht leicht zufriedenzustellen.
      Vielleicht berichte ich dennoch irgendwann einmal von dem Gespräch. Oder ich lasse sie etwas anderes erleben.
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
      • Elvira
        Elvira sagte:

        Liebe Judith,
        Frau Musenkringel verlässt dich bestimmt nicht….
        Ich möchte dir ein ganz dickes Danekschön sagen für die wertvolle Zeit, die ich durch das online Schreiben erlebt habe. Deine Schreibanregungen konnte ich für mich gut verwenden. Sie passten so gut in meine ganz persönliche Situation.
        Schade, dass es vorbei ist. Natürlich freue ich mich schon auf ein nächstes Mal
        Umarme dich, virtuell zwar, aber innig.
        Elvira

        Antworten
        • mutigerleben
          mutigerleben sagte:

          Liebe Elvira,
          ja, das vermute ich auch. Vielleicht – habe ich mir schon überlegt – lasse ich sie mal mit Frau Piepenkrog zusammen kommen.
          Finde ich auch schade, dass die vier Wochen vorbei sind. Ich fand es echt schön und sehr anregend.
          Liebe Grüße
          Judith

          Antworten
  15. Elvira
    Elvira sagte:

    WIR

    Julia war eine junge Frau. Sie lebte in einer Kleinstadt, traf ab und zu eine Kollegin zum Essen oder sie ging zu ihren Yogakursen. Sie arbeitete viel, bekam ab und zu ein Lob dafür.
    Meist war ihr das genug.
    Eigentlich war sie zufrieden, erfreute sich an ihrer hübschen Wohnung mit Balkon, den sie oft nutzte. Die von ihr gepflegten Pflanzen und Kräuter attestierten ihr einen grünen Daumen, schenkten ihr ein Wohlgefühl. Manchmal erwischte sie sich dabei, dass sie mit den Pflanzen
    redete. Das machte sie traurig. Fragen belebten ihr Denken. Ob ihr nicht doch etwas fehlte?

    Die wiederkehrende Traurigkeit und die daraus entstandenen Gedanken bündelten sich langsam zu einem Ergebnis. Ihr fehlte so sehr ein Partner, der sie glücklich machte, mit dem sie alles teilen konnte, der ihr Nähe schenkte, mit dem sie ein WIR leben konnte.
    Dieser Wunsch nach dem WIR ließ sie mutig in einer Partnervermittlung suchen.
    Einige Male traf sie Männer, denen sie von ihrer Einsamkeit erzählte und die ihrerseits diesen Zustand auch kannten.
    Es schien ihr ideal, sich schließlich mit solch einem Suchenden zusammenzutun.
    Das Paar lernte sich näher kennen, versuchte, sich gegenseitig Wünsche zu erfüllen um so das ersehnte WIR zu leben.
    Julia war stolz, nun ein Gegenüber zu haben, in ein Gesicht zu schauen, das zurück lächelte.
    Zusammen Spaziergänge machen, Händchen halten, das hatte sie sich immer gewünscht.
    Endlich hatte sie das ersehnte WIR.
    Doch immer wieder spürte sie auch ihre Traurigkeit aufkeimen. Häufig grübelte sie und gestand sich ein, dass ihre Erwartungen an das DU vielleicht doch zu hoch waren.

    Eines Nachts träumte sie einen besonderen Traum. Sie sah eine alte, weise Frau, deren Anwesenheit ihr Glück und Leichtigkeit fühlen ließ. Wie vom Nebel befreit, konnte sie all das Schöne und Gute in ihrem bisherigen Leben sehen. Sie entdeckte allerdings auch, dass ihr Lebensweg noch nicht zu Ende war.
    Im Traum sah sie auf ihrem Lebensweg plötzlich ein Banner mit der Aufschrift:

    „Zum WIR gehören Menschen, die das ICH nicht vergessen haben“

    Noch beim Frühstück dachte Julia lange über diesen Satz nach und machte sich auf die
    Suchen nach ihrem ICH.

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Elvira,
      eine tolle Geschichte, danke dafür.
      Schön, wie du die Erkenntnis herausgearbeitet hast.
      Und nicht umsonst habe ich die Reihenfolge „Ich – Du – Wir“ gewählt.
      Gute Nacht und Grüße
      Judith

      Antworten

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