Quellenwoche 2019 – ein Rückblick

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Das Thema der Woche heißt
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben!“ Zwei Textzeilen aus dem Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse
(Mai 1941 – aus: „Gedichte“ – insel-taschenbuch, 1. Auflage 2001, Seite 676).

 

Montag. Spätnachmittag. Wir treffen uns zum ersten Mal in der Gruppe. 12 Frauen. Frauen unterschiedlichen Alters. Mit den verschiedensten Lebenserfahrungen. Mit ähnlichem und andersartigem Lebenshintergrund. Bekannte Frauen. Neue Frauen. Wiedersehensfreude neben einem ersten „beschnuppern“. Wir erkunden das Gelände. Die Arbeitsräume. Alles ist für uns alle neu.
Die erste gemeinsame Einheit nach dem Abendessen. Sie steht unter dem Begriff „Anfang“. Wir kommen uns näher. Im Tanz. Im Gespräch. Im Zuhören. Im Austausch. Im Schreiben. Vor allem im Schreiben.
„Schreibe ein Wortgedicht zu <ANFANG> lautet die erste Schreibaufgabe. Ich weiß, viele der Frauen haben noch nie <kreativ geschrieben>. Ich glaube an sie. Spüre aber auch die Zweifel im Raum. Höre ein <das überfordert mich>. Ermutige. Teile nochmals mit, dass auch Fragmente sein dürfen und <gar nichts> ebenfalls eine Option ist.
Zwanzig Minuten später ist die Stimmung im Raum verändert. Wir haben zwölf Wort-Gedichte gehört. Keine Fragmente. Kein <gar nichts>- Für einen Moment ist es ganz still im Raum. Dann spricht eine aus, was vorher mit Händen zu greifen war: Die 20190725_190617Überraschung darüber, wie schnell ein Text entstehen kann. Das Staunen über diese berührenden, kleinen Texte. Das vertrauen, das im „Worte teilen“ mitschwingt.
Ich kann es fühlen, das zarte Band, das uns Frauen miteinander verbindet.

Anfang
Au ja, mit einer
Neuen Gruppe beginnen
Füreinander und für sich selbst Sorge tragen
Anfänglich leben, anderes ausprobieren
Neues wagen –
Gelassene Zuversicht trägt.

Dienstag. Wieder das Thema Anfang. (Hier habe ich schon darüber geschrieben: https://mutigerleben.wordpress.com/2019/07/24/ein-anfang-2/)
Wir steigen tiefer ins Thema ein. Sprechen über Anfänge, die wir freudig begrüßt haben. Teilen uns solche mit, auf die wir gern verzichtet hätten. Machen uns bewusst, dass „anfänglich leben“ eine Lebensaufgabe ist. Und gleichzeitig eine Chance. Dass es Übung erfordert. Und entspannen hilft, denn „nichts muss bleiben, wie es ist!“
Das Schreiben begleitet uns. Wir schreiben zu einzelnen Wörtern. Schreiben zu einem Foto. Schreiben mit allen Sinnen. Wir hören unsere Texte. Sind angerührt vom Gehörten. Berührt vom Vertrauen, das im Mit-Teilen liegt.
Abends sind wir um einige Texte, neue Erfahrungen, Gespräche, Fragen und Antworten und eine bunte Collage reicher.

Mit allen Sinnen
Mein Anfang ist Türkis, wie das Wasser eines Bergsees in der Sonne,
er schmeckt nach Limette-Minze-Sorbet,
riecht wie frisch gekochte Himbeermarmelade
und fühlt sich an wie Brennnesseln auf der Haut.
Mein Anfang ist wie eine Tüte voller bunten Bonbons,
ähnelt meinem gefundenen Herzstein,
zieht sich wie ein roter Faden durchs Leben
und klingt wie eine Kirchenglocke in der Abendstille.

Mittwoch. Heute steht das Thema „Schutz bzw. beschützt sein“ auf dem Programm. Kreative Bibelarbeit steht an. Wir arbeiten mit einigen Versen aus dem Buch RUT (Altes Testament). Sind gleichermaßen erstaunt und erschrocken, wie aktuell das Thema für Frauen auch heutzutage ist.
Vom <Schutz> in der biblischen Erzählung schlagen wir den Bogen zum eigenen Leben. Fragen wollen beantwortet sein. Viele werden es auch. Erfahrungen ähneln sich und unterscheiden sich fundamental. Nicht alles kann jede nachvollziehen. Aber es stehen lassen können wir. Voneinander lernen. Trotzdem und dennoch.
Momentaufnahmen. Nähe vertieft sich.

Schutz
Schutz
So notwendig
Damit sich der
Weg lichtet Mut wächst
Enge zurückbleibt und Leben wird.

Donnerstag. Und dann fehlt ja noch der Aspekt des „innewohnenden Zaubers“! Wir lassen uns verzaubern. Spontan und nachhaltig.
https://mutigerleben.wordpress.com/2019/07/26/morgenlob/
20190725_165355Die Teilnehmerinnen geben dem „Zauber des Anfangs“ Ausdruck, indem sie das Ende einer „Anfangsgeschichte“ schreiben. Und wieder Staunen. Jedes Frauenpaar findet den ganz eigenen Zauber. Das Zuhören löst. Freude wird hörbar und sichtbar.
Tanzen. Gemeinsam singen. Reden. Schweigen. Schreiben. Diese Mischung erweist sich als eine ganz besondere für jede einzelne Frau.
Ich kann es fühlen, das Band, das uns verbindet. Es ist nicht mehr so zart wie zu Beginn.
Abends überlassen wir uns dem „Zauber des Anfangs“. Jede Frau bekommt eine Kratzfolie. Keine weiß, wo sich welche Farbe verbirgt. Keine ahnt das Ergebnis. Da ist es: Anfangen, ohne Ziel oder Ergebnis zu kennen!
Eine halbe Stunde später. Zwölf Frauen. Verzaubert. Bezaubert. Ich schaue mich um. Jede einzelne Frau strahlt.
Sich einlassen. Das <Kind in uns> mitnehmen. Auf das Ergebnis hinmalen, statt das Ergebnis vorzudenken – das macht einen spürbaren Unterschied und es tut gut.

Freitag. Schon fast vorbei. Nur noch einen Vormittag. Manch ein Gedanke wandert schon einmal Richtung Heimat.
Doch vorher wartet noch eine letzte Aufgabe. Das Gehörte soll in den Alltag übertragen werden. Was nehme ich mit? Was setze ich um? Wie kann es gelingen? Was brauche ich dazu? Diese Fragen harren einer Antwort. Gern auch mehreren. Und eine Partnerin macht sich mit auf, Antworten zu suchen. Ermutigung. Begleitung. Nähe. Verstehen. Füreinander da sein. Wissen, nicht alles wird so gehen, wie ich es mir heute vorstelle – und das darf sein.

Freitagabend. 18.00 Uhr. Zu Hause. Im Flur stehen drei Koffer. Zwei davon voller Arbeitsmaterial. Eine Tasche mit dem dicken Arbeitsordner steht daneben. Ein Beutelchen voller Mitbringsel. Ein Sonnenhut.

Ich lasse es stehen. Noch wirken die Tage nach. Das Thema auch. Es war eine Woche, die ich nicht missen möchte in meinem Lebensmosaik. Vertrauen erfahren. Neu in Beziehung treten. Nähe vertiefen – das sind Geschenke für mich. Unbezahlbare Geschenke. Einen Blick auf die Schatzkiste jeder einzelnen Frau werfen zu dürfen, rührt mich an.

Das wird nachklingen. Und immer wieder werde ich mich an diese Woche erinnern. Wenn ich mich mit meiner Partnerin austauche (danke, Margareta). Bei einer Tasse Tee (danke, Silke). Bei einem Gedicht. Bei einem Blick auf meine Collage oder das „Zauberbild“. Beim Betrachten der Fotos. Und überhaupt.

Ein ganz herzliches Dankeschön an euch alle, ihr Lieben. Ihr wart spitze!

 


Text, Gedichte, Bild und Fotos: © Judith Manok-Grundler, Überlingen-Aufkirch
12 Kommentare
  1. Literaturgarten
    Literaturgarten sagte:

    Hallo Judith, ich habe Deine/Eure Woche eben aufmerksam und interessiert verfolgt. Wie schön, dass es für Dich und Deine Sminarteilnehmer? Freundinnen? Fremde? so schöne Tage und Impulse geworden sind. Ist ein Hobby von Dir und/oder organisierst Du es eher als Beruf (ung) ?LG Angela

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Hallo Angela,
      das freut mich, dass du die Woche verfolgt hast. Die Quellenwoche ist ein Angebot der kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschland) in der Erzdiözese Freiburg. Das gibt es auch nur hier.
      Wir bieten die Woche für alle Frauen des Dekanates Linzgau an – sie ist also öffentlich beworben. Das heißt: Wir haben Frauen dabei, die wir kennen, weil sie schon ein- oder mehrere Male dabei waren oder die wir aus anderen Veranstaltungen kennen. Und wir haben auch Frauen dabei, die uns völlig unbekannt sind. Und – das ist anders als früher – heute orientieren Frauen sich oft eher an passenden Terminen als an dem Dekanat, so dass manchmal auch Frauen aus anderen Dekanaten teilnehmen (hatten wir auch) und sogar eine Frau aus einer anderen Diözese teilgenommen hat. Du sieht, es handelt sich also um eine bunte Mischung – für mich macht gerade das das Spannende dabei aus.
      Es ist ein Ehrenamt, das meine Mitleiterin und ich da anbieten – ich mache das seit 1996 – jedes Jahr mit einem anderen Thema; es ist in jedem Jahr wieder wunderschön. Und ja: Berufung trifft es ziemlich gut.
      Ich wünsche dir einen schönen Sonntag,
      Judith

      Antworten
  2. Margareta
    Margareta sagte:

    Liebe Judith, dein Rückblick ist so toll. Wie du das Erlebte in Worten zum Ausdruck gebracht hast, berührt mich sehr. Ich empfinde eine große Dankbarkeit, Zufriedenheit und Freude in mir. Liebe Grüße Margareta

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Margareta,
      ganz lieben Dank für deinen Kommentar.
      Es freut mich, wenn du und vielleicht auch die anderen Teilnehmerinnen, die dabei waren, vom Text berührt sind und sich wiederfinden.
      Trotzdem schon einiges los war, seit wir zurück sind, schwingen die Tage und einzelne Einheiten und Eindrücke in mir nach. Das Schreiben des Rückblicks ließ mich die ganze Woche noch einmal vor meinem inneren Auge sehen.
      Auch ich empfinde Zufriedenheit und Dankbarkeit über die gelungenen Tage, das Zusammensein in der Gruppe und über unsere Zusammenarbeit.
      Ich schick dir einen Regengruß und sage „Mach mal Päuschen, Mäuschen“ – du weißt dann schon Bescheid.
      Herzlich
      Judith

      Antworten
  3. Lisa
    Lisa sagte:

    Liebe Judith,
    vielen lieben Dank für den Rückblick, es war eine gute Zeit

    Liebe Judith, Liebe Margareta, Liebe Silke,
    ohne Erwartungen startete ich in diese Woche.
    Mit neuen Eindrücken, neuen Erfahrungen, neuen Erkenntnissen, verzaubert, gestärkt und zufrieden kehre ich in den „neuen“ Alltag zurück.
    Der erste Zettel hängt schon am Badezimmerspiegel :-)
    Herzliche Grüßle
    Lisa

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Lisa,
      vielen Dank für deinen Kommentar, das freut mich sehr.
      Wie schön, dass der erste Zettel schon hängt. Ich wünsche dir gutes Üben – und, wenn ein Durchhänger kommt, melde dich gern…
      Wie gut, dass du so beschenkt wurdest durch die gemeinsamen Tage. Ich hoffe, all diese Erfahrungen und die Verzauberung halten noch ein wenig an.
      Vielleicht findest du einen Rahmen für dein Kratzbild oder ein gut sichtbares Plätzchen – dann bleibt es dir eine Erinnerung.
      Dir von Herzen einen schönen Sonntag und liebe Grüße
      Judith

      Antworten
  4. Erika Langen
    Erika Langen sagte:

    Liebe Judith,von Herzen Dank für Deinen zusammenfassenden und persönlichen Bericht über die für mich so glücklichen, geglückten, beglückenden Quellenwoche mit Dir im Schwarzwald.
    Es war für mich ein Anknüpfen an alte Erfahrungen, ein vieles Neuentdecken und ein gutes Stück mehr Angekommensein in Überlingen, durch Dich und die anderen Frauen aus der Nähe, am Ort meines Lebensabends.
    Sei bedankt. Herzlichst Erika

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Erika,
      was freue ich mich, von dir hier zu lesen.
      Vielen Dank für deinen Kommentar, in dem für mich viel liebevolles und eine große Wertschätzung mitschwingen. Wie schön, dass sich für dich etwas be-WEG-t hat und wir ein Stück miteinander unterwegs sein durften.
      Herzliche Abendgrüße zu dir,
      Judith

      Antworten
  5. Silke Kaltenbach
    Silke Kaltenbach sagte:

    Liebe Judith,
    es war einfach toll! Zunächst habe ich das Wochenende benötigt, um die vielen Eindrücke richtig aufzunehmen und zu verarbeiten. Und hierbei wurde mir klar, wie wertvoll und wunderbar diese Tage mit euch waren. Ich durfte diese „zauberhafte“ Woche aus drei Blickwinkeln miterleben: als Teilnehmerin, als Beobachterin und einen ersten Schritt übungsweise in der Anleitung einer Gruppe. Superspannend, hat mir echt Spass gemacht und Freude bereitet. Kein Wunder bei solchen Frauen! Herzliche Grüße an dieser Stelle an „meine Premierefrauen“ und an dich Margareta. Du und Judith, ihr seid ein tolles Team!
    Und zur Übung noch ein Elfchen für dich Judith:
    Rückblick
    langsames Wahrnehmen
    in Erinnerung schwelgen
    Vergangenheit – im Herzen verewigt
    Danke

    Ich werde üben und alles Gelernte verinnerlichen.
    Liebe Grüße
    Silke

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Silke,
      Ich danke dir sehr. Wunderbar, wie du deine Erfahrungen aus drei Blickwinkeln beschreibst.
      Und über das Elfchen freu ich mich riesig.
      Viel Freude beim Üben und Verinnerlichen – darüber aber nicht den „Zauber“ 😘 vergessen.
      Herzliche Abendgrüße
      Judith

      Antworten
  6. Birgit Wörner
    Birgit Wörner sagte:

    Hallo Ihr drei lieben, Judith, Margareta und Silke.
    Der Alltag hat mich wieder.
    Doch ich zehre noch von der wunderschönen Woche, der QUELLENWOCHE.
    Mein Herz schwingt immer noch voller Glück.
    Eine tolle Woche die mein Leben bereichert hat..
    Viel Lachen, Zuversicht, Freude und auch Tränen.
    Tränen des Glücks und Tränen der Erleichterung.
    Ich habe tolle Frauen kennengelernt und durfte auf einem Stück ihres Weges mit dabei sein.

    FRAUEN
    MUTIG SELBSTBEWUSST
    TANZEN SINGEN LACHEN
    PARTNERIN MUTTER FREUNDIN OMA
    AUFBRUCH UMSETZEN MÜSSEN WOLLEN KÖNNEN

    Danke Euch allen.
    Liebe Grüsse Birgit

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Birgit,
      ein dickes Dankeschön für deinen Kommentar.
      Wie schön, wenn die Tage nachwirken und dich bereichern. Auch in mir klingen sie nach – trotz all dem, was gerade so los ist.
      Ich fand es klasse, dich noch einmal in einem anderen Rahmen erleben zu dürfen. Das hat mir sehr gefallen. Immer wieder bin ich berührt von Frauengeschichten – auch von deiner. Ich hoffe, du kannst dir deine Zuversicht und Freude bewahren.
      Dein Stein liegt auf meinem Jahreszeitentisch und immer, wenn ich durch den Flur gehe, komme ich daran vorbei.
      Hab es fein und lass es dir gut gehen.
      Herzlich
      Judith

      Antworten

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