S’Blümle vom See

Ich habe hier schon des Öfteren davon gesprochen, dass es bei mir – seit dem 20. März 2020 – Samstagsvideos gibt. Entstanden sind sie im 1. Lockdown als Ermutigung für Freundinnen, Bekannte, Klientinnen und Teilnehmerinnen diverser Seminar.
Diesen Text habe ich für das heutige Samstagsvideo geschrieben. Wenige Stunden später begann der Krieg in der Ukraine.
Dennoch habe ich den Text heute eingelesen und verschickt. Möge er eine Ermutigung sein!

 

 

Als Blümle vom See kannst du mich heute sehn,
ich blieb vom letzten Sommer hier stehn.
Ein wenig versteckt und geschützt unterm Strauch,
hielt ich auch stand manch eisigem Hauch.

Ich hatt‘ es nicht leicht, das kannst du mir glauben,
manchmal wollt fast es den Mut mir rauben!
Die Tage so lang – und niemand war da,
der mich und mein Alleinsein sah.

Das Tor war geschlossen und keine kam rein,
ich blieb mit meinen Fragen allein:
Wie lange wird es noch bleiben so?
Wann ändert sich der Status quo?

Wird feiern und lachen kommen zurück?
Die Menschen wieder strahlend vor Glück?
Wann werden all die Masken fallen
und Hände sich nicht mehr zu Fäusten ballen?

Doch wie das so ist – s‘ist nicht immer leicht,
manch eine Antwort hat mir nicht gereicht,
auf viele Fragen, glaubs oder nicht,
fand ich – genau besehen bei Licht –

keine Antwort. Was tun? Wie geht es weiter?
Ich drehe mich im Kreis, werd nicht gescheiter
und frage und suche und wehre mich,
so, wie es ist, geht’s mir gegen den Strich.

Und dann, eines Morgens, die Sonne ging auf,
da nahm das Schicksal seinen Lauf.
Ich fand – s‘ist wirklich nicht zum Lachen –
einen Spatz mit ‘nem Flügel – ‘nem schwachen.

Er hat sich verletzt, konnt‘ nicht mehr fliegen,
doch ließ er sich nicht unterkriegen.
„Ich bin hier geschützt, find was zum Fressen
und während ich hier bin, wird unterdessen

der Flügel heilen. Ich gebe so lange
nicht auf, lass machen mich nicht bange,
denn Stress und Ärger – wie ich vermute
nehmen mir weg jede gute Minute.

Nicht immer nur öfter wollen mehr,
das ist gefährlich – auf Dauer sehr,
denn einen gibt‘s immer – ganz ohne Frage,
der spinnt sich daraus eine eigene Sage.

Ich besinn mich lieber auf das, was ich hab‘ –
das ist vielleicht die größte Gab‘.
Sie macht das Leben leichter mir
und öffnet so auch manche Tür.

Spazieren gehen, jammern, klagen –
das brauche ich nicht, will lieber wagen,
nen Blick von mir weg, hin zu den andern,
die mit mir über die Erde wandern.

Denn niemand kann alleine leben,
nur miteinander können wir weben,
ein Gefühl von Gemeinschaft – das brauchen wir –
sonst gibt es auf Dauer keine Bleibe hier.

Ich muss nicht Ja und Amen sagen,
natürlich darf ich auch Widerspruch wagen,
wenn Egoismus nicht die Richtschnur ist,
an der sich alles andere misst“.

Ich, s‘Blümle vom See, hab zugehört,
betrachtet ihn ganz ungestört
und hab mir gedacht <er hat ja recht>
was er da sagt, das stimmt mich nicht schlecht.

Ich habe gestrahlt und ihm gedankt,
hab keinen Augenblick geschwankt,
neig meine blauen Blütenblätter
und sag: Zusammen ist es netter –

und schau, ein Gespräch, miteinander lachen,
Sonne genießen, sich eine Freude machen,
dankbar sein und ein wenig Nähe hie und da –
ist wunderbar. Wir sagen so zum Leben Ja.

So ganz wie es ist, mit allem Stocken
gehen wir’s an, gern unerschrocken
und freuen uns täglich an dem was ist –
die Tage sind leichter, wenn man das nicht vergisst.

So ziehen die Tage nacheinander ins Land,
wir reden und schweigen und knüpfen ein Band,
das hält und trägt, kann kommen was mag,
zusammen bestehen wir jeden Tag.

Eines Morgens legt der Spatz nen Flügel um mich:
„ich muss jetzt fort – es ist bedauerlich –
doch so will es der Zeitenlauf: etwas fängt an
und anderes hört auf. Ich komme wieder, wann

kann ich noch nicht sagen. Doch sei gewiss,
Blümle vom See, ich vergess‘ dich nicht. Bis
bald und ade“. Er schwingt sich fort,
ist schnell an einem anderen Ort.

Ich winke ihm nach – traurig und froh,
weiß es genau: ihm geht‘s ebenso.
Ja, ich bleibe hier, ohne ach und weh,
es grüßt von Herzen – das Blümle vom See.

 

 

 

|WERBUNG WEGEN NAMENSNENNUNG, UNBEZAHLT|

 

 

 

 

 

 

Bleib behütet …

Foto: © Judith Manok-Grundler, Überlingen

 

 

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