Sonntag, 19. April 2020

09.45 Uhr – Sonntagsfrühstück
Es ist still hier. Das bin ich nicht gewohnt. Schon lange nicht mehr. Das Ferienende verhieß bis zum letzten Jahr unablässige Autoströme und Dauerfahrgeräusche. Nun tragen Corona und die Fertigstellung der B 31 bei uns dazu bei, dass wir weniger unter Verkehrslärm leiden.
Es ist nicht ganz so dunstig wie gestern. Die Berge sind sichtbar. Klarer als zuvor. Der Himmel ist blau. Noch. Das Wetter soll kippen. Regen und Gewitter sind angesagt. Ein paar Wolken sind schon da. Bislang nur vereinzelt. Ich bin gespannt – einen ordentlichen Regen könnten wir brauchen.
Das Frühstück schmeckt. Energietanken für den Tag. Gut so.

12.40 Uhr – Spaziergang
Im Wald unterwegs. Ein breiter, weicher Weg. Eben. Es riecht nach Waldboden – so intensiv wie auf keinem meiner letzten Spaziergänge. In diesen Duft mischt sich der von frischgeschlagenem Holz. Erlen- und Buchenstämme sind am Wegrand aufgestapelt. Sägemehl liegt auf dem Boden und im Unterholz.
Es ist ruhig. Außer Vogelgezwitscher und unseren Schritten ist nichts zu hören. Licht fällt durch hohe Bäume auf den Weg. Lässt Gras und Blätter leuchten. Spielt mit dem Schatten. Vom Wind, der vorhin Blütenschnee regnen ließ, ist hier nichts zu merken. Noch ein Duft steigt mir in die Nase. Irgendetwas Pflanzliches. Ich erkenne es nicht.

13.20 Uhr – Im Labyrinth
Gehen. Langsam. Von außen nach innen nach außen nach innen nach außen. Zur Mitte hin. Von der Mitte weg. Hin zu. Zu was? Zu mir? Zu dir? Zum Leben? Längere Wegstücke. Kurze. Große Bogen. Enge Schleifen und Windungen. Ein Lebensbild. Die Mitte im Blick. Die Mitte im Rücken. Nahe bei und fern. Dazwischen Hoffnungsgrün und Freudengelb.
Ich gehe langsam. Um mich herum herrscht Sonntagsruhe. „Worauf gehe ich zu?“ Die Frage taucht plötzlich auf. Nebenbei. Sie geht mit mir mit. In der Mitte halte ich an. Umrundet sie. Einmal. Zwei Mal. Dann kehre ich um. Gehe zurück.
Und erste Maiglöckchen blühen.

 

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Die Idee des Corona-Tagebuchs habe ich von B. Pachl-Eberhart.

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