Themengeschichte 19: Über den Balkon
Kaum sitze ich an den ersten Sonnentagen draußen – möglicherweise noch in eine Decke eingehüllt – fliegen die ersten Bienen. Angelockt von der Sonne kommen sie aus dem Winterschlaf. Schauen sich um und suchen nach Futter.
Ich schaue mich auch um. Sehe die kahlen Ecken, in denen noch kein Grün meinem Blick einen Halt schenkt. Sehe Thymian und Salbei, die unter dem langen, kalten Winter gelitten haben. Mein Blick schweift weiter. Über den Weinberg, die vielbefahrene Straße und die Wiesen, deren Grün täglich kräftiger wird.
Bald spannt sich über den Balkon wieder die alte Markise, die Schatten gibt und mich vor zu viel Sonne schützt. Schutz haben, geschützt und beschützt sein – das hilft mir, bei mir zu sein. Wie gut, dass ich diesen Schutz auf unterschiedliche Art und Weise bekomme.
Blicke über den Balkon aus den letzten 10 Monaten Fotos: Judith Manok-Grundler und Erwin Grundler, Überlingen-Aufkirch
Liebe Judith,
hier noch ein Sinnengedicht zum Thema Anfang:
Mein Anfang fühlt sich wohlig an wie nach einem erholsamen tiefen Schlaf.
Er duftet nach frischem Kaffee in meiner Lieblingstasse und schmeckt nach selbstgemachter Erdbeermarmelade auf knusprigem Brötchen.
Er nimmt die vertrauten Geräusche der Müllabfuhr und das Klappern des Briefkastens beim Einwerfen der Tageszeitung wahr.
Mein Anfang sieht aus wie die ersten Sonnenstrahlen, die jetzt die ganze Wohnung durchfluten.
„Moin. Moin“, steht freundlich auf der blauweißen Tasse.
Einen schönen Tag wünscht Isolde.
Liebe Isolde,
Danke dir herzlich für Dein Anfangsgedicht.
Ich kann die Brötchen knuspern hören, den Kaffee riechen und mir die Sonnenstrahlen vorstellen.
Das ist wunderbar.
Herzliche Mittagsgrüße
Judith