VOM TRÄUMEN: WASSERBÄCHE DES LEBENS
Ein weiterer Text aus dem gestrigen Schreibtag mit Hanna: https://hannabuiting.de/
„Wasserbäche des Lebens“ – die Idee, die Hanna mitgebracht hat, bezieht sich auf einen Text von Dorothee Sölle. Ich habe, als Ausgang für den Text, die kreative Anregung genutzt, die Hanna zum Thema „Auch geplatzte Träume hinterlassen Spuren“ angeboten hat. Für mich passte sie gut zum Thema „Du hast mich geträumt, G*tt.“ Sieh und lies selbst.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, so zart, dass ein flüchtiger Blick nur meine Außenhülle streift. Das, was du in mich hineingewoben hast, bleibt voyeuristischen Blicken verborgen.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, so zart, wie ein Blütenblatt des Gänseblümchens und wie einen Senfsamen, der Großes hervorbringt.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, so zart und leicht wie ein Fliegerchen der Pusteblume, das sich forttragen lässt vom Wind, dorthin, wo du es willst, damit es wurzelt.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, so zart, wie einen Sämling des Lindenbaumes, der sich in die Erde gräbt und wurzelt und stark wird und überdauert.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, so zart und so stark. Damit ich verwurzelt stehe und Blüten trage und Schutz biete unter meiner Krone.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, zart und stark, der Tiefe verbunden.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, zart und stark, damit mir gelingt, was von Dir spricht, damit ich Spuren Deiner Träume hinterlasse, damit ich Dir begegne: Deiner Stimme im Raunen des Windes, Deinem Wort in meiner Stille, Deinem Antlitz in meinem Staunen und der Hoffnung im Grün des Frühlings.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, zart und stark, mit meiner Furcht und meinem Mut, meiner Zuversicht und meinem Zweifel. Mit meinem Alles und nichts und dem, was mir zwischen den Fingern zerrinnt wie Sand.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, zart und stark. Voller Leben. Leise und laut.
Hör nicht auf, mich zu träumen, G*tt, und mich daran zu erinnern, dass ich mehr bin als ich manchmal glaube.
Hör nicht auf, mich zu träumen, G*tt, damit ich mich erinnere: Ich bin gewollt. Ich muss nichts sein als Ich selbst und das leben, was Du in mich hineingewoben hast.
Zart hat du mich geträumt, G*tt, so zart und stark und klein und groß und unscheinbar und unübersehbar. Hier. Heute. Jetzt.
Hör nicht auf, mich zu träumen, G*tt.
© Judith, 17. Juni 2023
Ich mag diesen Text sehr – und Du?
Bild und Foto: © Judith Manok-Grundler
Werbung wegen Namensnennung und Verlinkung, unbezahlt
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