Vom Zauber des Alltäglichen
Heute war „Schreiben im Café“. Unser Thema lautete: „Vom Zauber des Alltäglichen“.
Verbunden hatte ich damit zwei Ideen/Ziele: die Achtsamkeit zu schulen und zu entdecken, dass der Alltag und das Alltägliche durchaus einen Zauber haben. Dass diese beiden Ziele aufgegangen sind, konnte ich aus den Rückmeldungen am Ende des Seminars hören. Wir haben – unter anderem – einen Dialog mit unserem Sofa/Sessel unter dem Stichwort „Vom Zauber meines Sofas“ geschrieben und uns von einem Nebelfoto inspirieren lassen. Die letzte Aufgabe lautete, 7-8 Sätze zu schreiben, die alle mit „Ich entdecke den Zauber des Alltags, wenn/im/bei…“ anfingen. Einer dieser Sätze wurde ausgesucht und es galt, diesen Satz auszubauen und den Zauber des Alltags genauer zu beschreiben. Mein dabei entstandener Text folgt:
Morgen will ich den Zauber des Alltäglichen bei einem Spaziergang entdecken. Ich ziehe mich warm an. Setze den Hut auf. Schlüpfe in die Stiefel. Packe Handy, Geldbeutel und Taschentücher ein und gehe los.
Ich werde feststellen, dass die Luft feucht ist und der Wind mir kalt ins Gesicht pustet.
Schritt um Schritt werde ich gehen – nicht schnell, aber auch nicht langsam. Gerade so, dass ich mit offenen Augen entdecken kann was mir begegnet.
Ich werde Bäume sehen, die blattlos im Nebel stehen. Still und fest. Ein Ausrufezeichen des Jahres.
Mir werden Bäume begegnen, die noch braune oder gelbe Blätter tragen. Ich werde Blätter sehen, die durch die Luft segeln – getragen von lautlosen Windwogen, bis sie im sicheren Hafen von Mutter Erde landen.
Ich werde es rascheln hören und ich werde selber rascheln.
Ich werde Steine sehen: unscheinbare, kleine und große, die auf oder am Weg liegen. Ich werde ihnen einen Gedanken schicken und mich fragen, woher sie kommen und wie alt sie sind.
Ich werde im Gras und zwischen mürben Blättern Glockenhutförmige Pilze finden. Weiß mit Schwarzbraunem Rand. Viele beieinander, wie eine stumme Armee des Lebens.
Ich werde Hagebutten sehen, die Nebel Glanz spiegeln und Glockenblumen am Wiesenrand.
Ich werde in der Wiese zwischen brauner Erde und grünem Herbstgras ein weißes Schneckenhaus finden und nachschauen, ob es verlassen ist.
Ich werde einen Vogel hören oder auch zwei.
Und ich werde Herbstluft einatmen, die Schritte genießen und den Nebel Nebel sein lassen.
Morgen werde ich den Zauber des Alltäglichen bei einem Spaziergang genießen.
|WERBUNG WEGEN NAMENSNENNUNG, UNBEZAHLT|
Wo entdeckst Du den „Zauber des Alltäglichen“?
Foto: © Erwin Grundler, Überlingen
Hallo Judith,
das ist schon ungewöhnlich, eine solche Geschichte im Futur zu schreiben. War das so vorgegeben? Die ständige Wiederholung der Wörter „ich werde“ empfinde ich als etwa unglücklich. Aber davon abgesehen gefällt mir die Schilderung des geplanten Spazierganges.
Herzliche Grüße – Elke
Liebe Elke,
danke für deinen Kommentar.
Ja, das ist sicher ungewöhnlich und ja, ich hatte es vorgegeben, denn es war – gleichzeitig mit der Schreibaufgabe – meine Anregung, sie am anderen Tag bewusst eine erfahrung mit dem Zauber des Alltäglichen machen zu lassen.
Das du die Wiederholung dieses „ich werde“ als etwas unglücklich empfindest, kann ich nachvollziehen. Für mich war es schlüssig, weil ich ja in der Zukunft geschrieben habe.
Und übrigens: Manche haben auch in der Vergangenheit geschrieben und eine Erfahung erzählt.
Herzliche Sonntagsgrüße zu dir
Judith