Vorahnung

Gestern Morgen hat mich ein Vogel geweckt. Er zwitscherte fröhlich vor sich hin. Ein zweiter hat geantwortet. Auch drei Störche habe ich gesehen auf der Fahrt nach Singen. Sie staksten über eine Wiese. Ihr schwarz-weißes Kleid fiel ins Auge – wahrscheinlich auch deshalb, weil es sich vom Schneematschnebelgrau abgehoben hat.

Die Luft wurde lau – auch wenn der Sturm lästig war. Die Schneeglöckchen blühen. Spitzen nicht erst aus dem Boden, nein, sie sind nicht mehr zu übersehen, so groß sind sie geworden.

Frühlingsboten? Bringen sie wirklich den Vorfrühling? Ich neige dazu, zu sagen: „Ja, das wäre schön!“ Aber. Ein klares Aber: ich weiß, dass es Winter ist. Ich weiß, dass diese Jahreszeit wichtig ist. Ich weiß, dass wir es bereuen, wenn jetzt Frühling wird. Dann kommen Schnee und Eis und Kälte im Frühjahr, wenn schon alles in Blüte steht. Dann ist das Jammern ob der versauten Ernte wieder groß.

Deshalb freue ich mich, wenn die Vögel jeden Tag singend den Tag begrüßen und Krokusse und Schneeglöckchen zu blühen beginnen. Und ich verstehe, wenn sie sich noch Zeit lassen. Denn eines ist sicher – so sicher, wie das Amen in der Kirche: Wenn die Zeit reif ist, wird sich der Frühling nicht aufhalten lassen.

 

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Foto: Erwin Grundler, Überlingen-Aufkirch

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