#Writing Friday: Claras Geburtstagsgeschenk

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Hier kommt ein Beitrag zum #WRITING FRIDAY von https://readbooksandfallinlove.com/category/meine-wochenaktionen/writing-friday/, den ich bei  https://kathakritzelt.com/ entdeckt habe. Heute habe ich mich dafür entschieden: Schreibe eine Geschichte und flechte darin folgende Wörter mit ein: Geschenk, Pinguin, Tintenfass, ruhig, zart

 

Clara steht mit ihrer Puppe im Arm im Nachthemd am Fenster und schaut hinaus. Der Himmel ist so blau wie die Tinte in Vaters Tintenfass. Noch ist es ruhig – im Haus und draußen. Ganz langsam beginnt der Himmel sich zu verfärben. Das Blau sieht aus wie verwaschen. Aprikosenfarbene Streifen tauchen über dem Wäldchen gegenüber auf. Sie malen Muster ins Blau. Ganz zart. Schmale erst. Dann breitere. Streifen entstehen – so lange, bis die ganze Himmelsfläche, die Clara sehen kann, farbig leuchtet. Und dann verschwindet die Farbe. Macht Platz für den Tag. „Nicht mehr lange, dann kräht der Hahn nebenan bei Hans auf dem Hof“, dankt sie und fragt sich, ob Hans wohl wieder so früh in den Stall muss wie gestern, um seiner Mutter zu helfen.“ Sie tritt von einem Fuß auf den anderen. Der Boden ist kalt.
„Ich hoffe, er kann heute Mittag zu meiner Geburtstagsfeier kommen, sonst bin ich wieder das einzige Kind zwischen all den Erwachsenen, die zu meinem Geburtstag kommen“, sagt Clara zu ihrer Puppe. Clara schlurft zum Bett zurück. Setzt sich mit dem Rücken an die Wand. Steckt die Füße in die noch warme Bettdecken-Höhle. Im Haus ist immer noch nichts zu hören, dabei müssten die Dienstmädchen längst in der Küche mit den Töpfen klappern.

„Zu deinem Geburtstag sollst du ein ganz besonderes Geschenk bekommen, liebe Clara“, hatte ihre Mutter vor einigen Tagen gesagt. „Ja, ja, ja, ich bekommen den Pinguin aus dem Spielwarengeschäft, den ich vor ein paar Wochen mit Tante Eva zusammen entdeckt habe“. Die Mutter hatte den Kopf geschüttelt. „Unsinn! So einen Firlefanz brauchen wir nicht! Zu deinem 6. Geburtstag kommen alle deine Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen. Sogar der Herr Pfarrer, der Herr Lehrer und der Herr Bürgermeister haben zugesagt. Na, freust du dich?“
Clara schüttelt den Kopf. „Aber Mama, du weißt doch, ich will nur den Pinguin. sonst gar nichts. Und was interessieren mich der Lehrer und der Pfarrer …“
„Schweig, Kind, du solltest stolz sein. Das ist eine Ehre. Deinem Vater hilft das. Verbindungen sind wichtig fürs Geschäft. Und Vater muss seiner Stellung gerecht werden. Und jetzt ist Schluss. Ich habe dich nicht zum Widerspruch erzogen“. Aber Clara konnte es nicht lassen. „Es ist aber mein Geburtstag und nicht Vaters“, hatte sie gemault. Zur Strafe musste sie auf ihr Zimmer gehen und den Tag über dortbleiben.

An dieses Gespräch denkt sie jetzt zurück. „Ob der Pinguin vielleicht doch unter den Geschenken ist? Weißt du, Irma“, sagt sie zu ihrer Puppe, „die Strafen sind mir egal. Ich will den Pinguin haben, seit ihn Tante Eva mir gezeigt hat und mir von den echten Pinguinen erzählt hat. Die gibt es nämlich. Die wohnen ganz weit weg. Komm Irma, wir schauen, ob er bei den Geschenken dabei ist“. Clara steht auf. Schlüpft in ihre Schuhe und zieht sich eine Strickjacke über. Sie geht die Treppe hinab und läuft ins Esszimmer. „Guten Morgen, Geburtstagskind, hast du gut geschlafen?“, fragt ihr Vater und drückt ihr einen Kuss auf die Stirn. Claras Augen huschen hinüber zum Geschenketisch. Kein Päckchen sieht so aus, als ob der Pinguin darin wäre. Sie schaut noch einmal hin. Ganz genau.
Mit hängendem Kopf setzt sie sich an den Tisch. „Kinn hoch und Schultern zurück“, kommandiert ihre Mutter. „Ich bin traurig. Ich wünsche mir den Pinguin doch so sehr! Warum kann ich den nicht bekommen?“ Ihre Stimme klingt aufsässig. „Du bekommst, was du brauchst und das weiß ich besser als du! Punktum!“ Ihre Mutter schaut Clara an. Die sagt nichts mehr.

„Und dass du es weißt: Heute Nachmittag bitte ich Tante Eva, mir den Pinguin zu Ostern zu schenken“, denkt Clara. „Wäre doch gelacht, wenn ich den nicht bekäme! Und mit deinen Gästen rede ich kein Wort.“

 

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Wie würde Deine Geschichte zu den Wörtern lauten?


Foto: © Judith Manok-Grundler, Überlingen

 

 

17 Kommentare
  1. blaupause7
    blaupause7 sagte:

    was für ein trauriger Geburtstag. Eigentlich sollte es doch darum gehen, einem Kind eine Freude zu machen und einen Herzenswunsch zu erfüllen. Wenn es nur darum geht, was es braucht – da hat das Jahr noch 364 andere Tage.

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    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Blaupause,
      da hast du völlig recht. Aber das war früher definitiv anders.
      Mir gefällt, dass Clara nicht resigniert, sondern mit ihren 6 Jahren für sich Möglichkeiten findet.
      Herzliche Grüße zu dir,
      Judith

      Komme später vorbei…

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        • mutigerleben
          mutigerleben sagte:

          Tja, so geht das wohl vielen von uns.
          Klar, das war eine andere Zeit (der Vater hatte ein Tintenfass) und dennoch gibt es Ähnliches auch heute. Zumeist nicht wegen materieller Dinge, die bekommen viele Kinder in Hülle und Fülle, aber wie viele Kinder sollen auch heutzutage noch die unerfüllten Träume der Eltern leben?
          Ist auch nicht besser, nur anders…
          Liebe Grüße
          Judith

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  2. fof_rene_berlin
    fof_rene_berlin sagte:

    Ich hatte ja bis zuletzt noch die Idee oder Hoffnung, dass sie den Pinguin am Ende doch noch bekommt. Ist doch toll, wenn Eltern wissen was für ihr Kind das Beste ist…wenn eben auch nur theoretisch ;-)

    VG, René

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  3. elizzy91
    elizzy91 sagte:

    Toll wie du die Worte mit eingeflochten ist und ich finde das Ende durchaus passend – Clara wird später viel daraus lernen denke ich. Man bekommt eben nicht immer das was man will.

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  4. mutigerleben
    mutigerleben sagte:

    Liebe Elizzy,
    Das stimmt – man kann nicht alles bekommen, aber der Geburtstag für Clara ist eigentlich ein Fest der Eltern.
    Wie auch immer: Dieses aufmümpfige tut ihr sicher gut.
    Liebe Grüße
    Judith

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    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Ümi,
      Herzlich willkommen hier bei mir. Schön, dass du mitliest.
      Ja, Clara hat offensichtlich ein gutes Gespür für das, was stimmig ist. Und sich nicht einwickeln zu lassen, sondern zu widersprechen, ist eine tolle Haltung. Das stärkt.
      Liebe Grüße zu dir, hab es fein,
      Judith

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