#Writing Friday: Jonathan

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Hier kommt ein neuer Beitrag zum #WRITING FRIDAY von https://readbooksandfallinlove.com/category/meine-wochenaktionen/writing-friday/, den ich bei  https://kathakritzelt.com/ entdeckt habe. Heute lautet die Schreibaufgabe für mich: “Schreibe eine Geschichte und beginne mit diesem Satz: „Jonathan war noch nie so glücklich wie gerade in diesem Moment“.

 

Jonathan war noch nie so glücklich wie gerade in diesem Moment. Endlich. Endlich hatte er es geschafft.

Was hatte er nicht schon alles ausprobiert. Unternommen. Versucht. Wieder und wieder. Tagaus, tagein. Umsonst. Mit Druck. Ohne Druck. Mit Ermutigung und Schmeichelei. Mit Belohnungsversprechungen. Mit Unterstützung von außen. Aber alles blieb erfolglos. Betteln hatte nicht geholfen. Zorn ebenso wenig. Traurigkeit schon gar nicht. Wie viele Abende hatte er sich in den Schlaf geweint. Welch ein dickes Fell musste er sich zulegen, damit er weitermachen konnte. Wie oft hätte er sich am liebsten nur vergraben. In seinem Versteck auf dem Dachboden. Mit seinen Büchern und dem Ausguck, durch den er das Leben betrachten konnte. Gelitten hatte er. Hohn und Spott ertragen. So getan, als ob es ihm nichts ausmachen würde. Aber das hatte es doch. Natürlich hatte es das. Und statt dass es besser wurde, wurde es schwerer und schwerer. Es kam eine Zeit, da wusste er mit absoluter Sicherheit: So mache ich nicht weiter.

Und dann – vor sechs Tagen – geschah es. Es war ein Wunder. Siena kam in Jonathans Klasse. Herr Mosenhagen stellte sie vor. In der Klasse war es ganz still geworden. Denn Siena war wie eine Erscheinung. Ein Teil der Mädchen bewunderten sie mit offenem Mund, der andere Teil fuhr die Krallen aus und alle Jungs „sabberten“. Jonathan auch.

Dann war sie auf seinen Tisch zugekommen. „Kann ich mich zu dir setzen?“, fragte sie und strahlte ihn an. Jonathan hatte genickt. Er konnte nichts sagen. Heimlich hatte er ihr Blicke zugeworfen. Sie war so schön. Nein, atemberaubend, sensationell, anziehend.

Am nächsten Tag war sie in der Pause zu ihm gekommen. Er war wie immer am Rand des Schulhofs auf einer alten Bank gesessen. Allein. Möglichst unsichtbar. Still und unauffällig. Aber Siena – sie hatte ihn gesehen und war zu ihm gekommen. Nichts mehr war bei ihm übrig von „so werde ich nicht weitermachen!“

Plötzlich tobte Hoffnung in ihm. Dabei war gar nichts Großes passiert. Nein, Siena hatte ihn einfach nur wahrgenommen. Das reichte aus. Ab da wollte Jonathan mit ihr zusammen sein. Für sie da sein, denn er spürte: Auch sie war eine verwundete Seele.

Und vorhin, da hatte es endlich geklappt. Ohne Angst war er zu ihr hingegangen. Er hatte sich vor sie hingestellt. Ihr in die Augen geschaut. „Siena“, hatte er gesagt, „Siena, magst du Morgennachmittag mit mir ins Kino und abends mit mir essen gehen?“ Der Satz kam flüssig. Kein stocken. Kein stolpern. Kein hängen bleiben. Nein, er hatte so flüssig gesprochen wie noch nie in seinem Leben – und so, wie alle anderen. Siena hatte“Ja“ gesagt, ihn angestrahlt, sich auf die Zehenspitzen gestellt, ihm einen Kuss auf die Wange gedrückt und ihm ins Ohr geflüstert: „Bei mir dürftest du auch stottern!“

Jonathan war noch nie so glücklich wie gerade in diesem Moment. Endlich. Endlich hatte er es geschafft.

 

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Was würde Dir zu diesem Satz einfallen?



Foto: Erwin Grundler, Überlingen-Aufkirch

 

22 Kommentare
  1. mutigerleben
    mutigerleben sagte:

    Lieber Werner,
    danke dir … Ja, romantisch ist es auch, meine Intention war eine andere: Mir ging es darum zu zeigen, welchen Unterschied es macht, ob wir Menschen – wie in diesem Fall – das Stottern wahrnehmen oder ob wir den Menschen dahinter wahrnehmen.
    Herzliche Grüße – ich komm heute nicht zum Lesen…
    Judith

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    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Guten Abend zu dir,

      ich danke dir ganz herzlich für deinen Kommentar mit dem Video.
      Leider ist da vieles verloren gegangen heutzutage – deswegen finde ich es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen…

      Ich werde es Morgen Abend in Ruhe anschauen und kann mich bis dahin vorfreuen.
      Habe heute Abend eine Fortbildung gehalten und lese mich gleich noch in den 8-Stunden-Fortbildungstag morgen ein. Will wenigstens noch mit den anderen Themen ins Bett gehen…

      Gute Nacht und liebe Grüße
      Judith

      Antworten
      • mutigerleben
        mutigerleben sagte:

        Guten Morgen,
        Nicht wirklich, habe bei den Kindern Zuhause geschlafen. Fremdes Bett, fremde Geräusche, nicht mein Kissen und noch früher wach als für mich nötig, weil das große Kind heute Schule hat und gerade aus dem Haus ist.
        Aber ich werde es schon packen.
        Dir einen schönen Tag und Grüße
        Judith

        Antworten
  2. blaupause7
    blaupause7 sagte:

    Interessant, dass man erst am Schluss erfährt, welches Handicap er hat. Er hätte auch keins haben können und trotzdem der Außenseiter sein. Leider weiß ich nur zu gut, wie sich das anfühlt.

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Blaupause,
      danke für deinen Kommentar.
      Tut mir leid für dich, dass du diese Rolle kennst…
      Als ich begonnen habe zu schreiben, hatte ich noch keine Ahnung, was sich bei ihm verändern soll und wie es endet. Und das fand ich spannend.
      Ich komm irgendwann am WE in Ruhe lesen – habe nur gesehen, dass du auch geschrieben hast.
      Gute Nacht,
      Judith

      Antworten
      • blaupause7
        blaupause7 sagte:

        Vielen Dank, das ist zum Glück lange her, und Menschen verändern sich.
        Was Veränderungen angeht, finde ich es auch spannend, wenn die Entwicklung eines Charakters währnd des Schreibens passiert und etwas anderes heraus kommt, als das was man geplant hat.

        Antworten
      • mutigerleben
        mutigerleben sagte:

        Liebe Blaupause7,
        danke dir sehr. Es freut mich, dass es bei dir lange her ist und ich wünsche dir, dass du diese Erfahrungen vielleicht nicht vergessen, aber doch so bearbeitet hast, dass sie dir selten in die Quere kommen.
        Ich fand es auch spannend, wie sich die Geschichte entwickelt hat. Kennst du das auch von deinem Schreiben?
        Herzliche Abendgrüße zu dir
        Judith

        Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Danke dir, Katharina.
      Das würde sicher manches verändern, wenn menschen wirklich wahrgenommen werden würden.
      Hab es fein – ich lese mich jetzt noch für Morgen ein.
      Grüße
      Judith

      Antworten
  3. Nicole Vergin
    Nicole Vergin sagte:

    Liebe Judith,
    was für eine Herz erwärmende Geschichte <3 Selbst Lars hat ein Tränchen unter seiner Mütze verdrückt…
    Ich wünsche Dir noch ein schönes Wochenende
    Liebe Grüße
    Nicole und Lars

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Nicole,
      danke sehr – wie schön, dass meine Worte dich und Lars berühren können.
      Jetzt kann es Wochenende werden, nachdem ich gestern Abend und heute den ganzen Tag gearbeitet habe.
      Hoffe, du hattest einen wunderbaren Tag.
      Grüße an dich und Lars – habt einen feinen Sonntag
      Judith

      Antworten
      • mutigerleben
        mutigerleben sagte:

        Danke dir, Nicole – und dir, Lars, auch.
        Ich genieße heute die Ruhe hier. Es ist, seit die Kinder um halb elf mit Erwin spazieren und anschließend nach Hause gegangen sind, sehr still. Ich hier nur das Ticken der Uhr – sonst nichts. Ich spüre, wie gut mir das tut – und gleichzeitig ist aus der Ruhe schon prompt ein neues Mini-Projekt für den Advent entstanden.
        Ich habe mich gefragt, wo das wieder herkommt – aber nur kurz, dann habe ich es dankend angenommen und gleich die Idee aufgeschrieben. Jetzt kann ich das in Ruhe ausarbeiten. Ansonsten habe ich bisher ein wenig gemalt und gelesen.
        Sonntagsgrüße
        Judith

        Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Nicole,
      Die Idee werde ich nächste Woche veröffentlichen. Kurz: Ich schreibe 24 Adventskalenderbeiträge. Und dann ist es notwendig, dass die Türchen geöffnet werden. Bis am Vorabend eines jeden Tages kann mich jemand darum bitten.
      Ich bin sehr gespannt, ob das klappt.
      Liebe Grüße
      Judith

      Antworten
  4. mutigerleben
    mutigerleben sagte:

    Danke dir, Nicole.
    Freut mich, dich unter den Followern willkommen zu heißen.
    Wenn ich den Kopf hebe, sehe ich gerade auf den See, die Alpen, auf denen ich heute Vormittag noch Schneefelder sehen konnte, schauen fast schwarz aus – und darüber legt sich zartblau und gelb die Abendstimmung.
    Davon schick ich dir einen Gruß.
    Herzlich
    Judith

    Antworten
  5. mutigerleben
    mutigerleben sagte:

    Bitteschön, sehr gern.
    Liebe Nicole, ich hoffe, dein Wochenende hat so gut begonnen wie meines. Zunächst konnte ich schon wunderbar staufrei fahren, dann hatten wir einen tollen Mittag mit den Kindern und heute Abend eine sehr ansprechende Lesung zu unseren beiden Schreibwerkstätten “ Mein buntes Leben“ .
    Sei lieb gegrüßt
    Judith

    Antworten

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