#Writing Friday: Julia wollte das alles nicht…

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Hier kommt ein neuer Beitrag zum #WRITING FRIDAY von https://readbooksandfallinlove.com/category/meine-wochenaktionen/writing-friday/, den ich bei  https://kathakritzelt.com/ entdeckt habe. Ich habe mich heute für die Geschichte mit dem Anfang „Julia wollte das alles nicht, doch nun steckte sie mitten drin…“ entschieden.

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Julia wollte das alles nicht, doch nun steckte sie mitten drin…

Wieder einmal ist ihr ihre Hilfsbereitschaft zum Verhängnis geworden. Als ihre Schwester Kathrin Anfang der Woche bei ihr angerufen und ins Telefon geweint hat, hat das Drama begonnen. „Ich muss hier raus. Sofort, sonst werde ich wahnsinnig!“, hatte Kathrin ins Telefon gerufen. „Kannst du nicht am Donnerstagabend kommen und die drei Kleinen für das Wochenende übernehmen? Bitte, Julia, bitte, bitte. Ich bin fix und fertig“.

Natürlich dachte Julia, dass ihr gar nichts anderes übrigbliebe, als zuzusagen und ihre Schwester zu entlasten. Und nun saß sie hier im Wohnzimmer ihrer Schwester und kochte vor Wut.

Als sie vor zwei Stunden angekommen war, hatte Kathrin sie bereits unter der Haustüre empfangen. „Ich bin schon weg. Danke, dass du mir hilfst. Auf dem Küchentisch liegt eine Liste, da findest du alles, was mit den Kleinen anliegt. Um 14.00 Uhr kannst du sie aus dem Kindergarten abholen. Bis dahin kannst du noch das Gästezimmer für dich richten, das habe ich beim besten Willen nicht mehr geschafft“. Kathrin drückt Julia ein Küsschen auf die Wange, springt in ihr Auto und braust vom Hof.

Auf dem Küchentisch findet Julia die angekündigte <To do Liste>. Noch bevor sie sie anschauen kann, läutet es. „Nanu, wer kommt denn jetzt?“ Julia geht zur Tür und öffnet. Vor der Tür steht Kathrins Schwägerin. „Hallo, Julia“, sprudelt es aus Steffi heraus, „danke, dass du unsere Zwei auch hütest. Das ist klasse. Ich habe Erholung so nötig wie Kathrin“.

Während sie spricht, räumt sie das Auto aus. Koffer, Kinderbettdecken, ein Reisebett, eine Kiste mit Lieblingsspielzeug und zwei Spankörbe voller Kirschen stehen in Windeseile neben Julia. „Es pressiert, Julia, ich muss sofort weg – sorry, dass ich nicht mehr helfen kann, die Sachen ins Haus zu tragen. Du machst das schon, gell? Tschüss“.

Julia steht sprachlos da. Sie hat es nicht geschafft, auch nur ein einziges Wort zu sagen.

Widerwillig trägt sie die Dinge ins Haus. „Die Kinder können ja nichts dafür“, sagt sie in die Küche hinein. Sie lässt sich auf einen Stuhl fallen und greift wieder nach Kathrins Liste.

Liebe Julia,
danke, dass du uns hilfst. Wir haben diesen Urlaub wirklich nötig und du schaffst das schon. Deinem Chef habe ich übrigens schon gesagt, dass du die nächsten vierzehn Tage nicht kommst – er sagt, er gibt dir selbstverständlich unbezahlten Urlaub.
Den Tagesplan für die Aktivitäten der drei Knirpse, habe ich dir hinten angeheftet – dann kannst du sehen, wer wann wo sein muss. Die Kleinen von Steffi kommen übrigens auch, die beiden reisen mit uns – sie haben auch dringend Erholung nötig.
Nela ist trächtig, die Jungen könnten jetzt jeden Tag kommen. Die Nummer des Tierarztes steht am schwarzen Brett in der Küche.
Steffi bringt Kirschen mit; Gelierzucker und Gläser sind im Keller. Bitte mach möglichst schnell Marmelade aus den Kirschen, im Herbst und Winter bin ich froh, wenn ich nicht so viel Marmelade kaufen muss.
Ach ja, und die Schwiegereltern kommen heute noch. Die beiden hatten einen Autounfall – nicht sonderlich schlimm, aber sie brauchen halt Unterstützung und jemanden, die sich ein wenig um sie kümmert. Aber bitte: Lass sie nicht helfen, sie machen immer so ein Durcheinander. Vielleicht kannst du in den nächsten zwei Wochen auch mal zwei Vormittage bei ihnen zu Hause putzen. Das kann Oma ja gerade nicht.
Für das Kindergartenfest ist schon einiges vorbereitet, du brauchst nur noch Tischschmuck zu zaubern, das Essen koordinieren, die Tombola vorbereiten und ca. 30 Kuchen auftreiben. Die Elternliste hängt ebenfalls am schwarzen Brett.
Und ziemlich sicher kommt auch noch Mutter morgen oder übermorgen vorbei. Sie hat sich wieder einmal getrennt und braucht jetzt Trost und Ablenkung“.
Außerdem …

Julia lässt die Blätter sinken. Sie schüttelt den Kopf. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, Kathrin! Spinnst du, so mit mir umzugehen?

Am liebsten würde Julia alles liegen lassen und gehen – jetzt sofort. Aber, was wird dann aus den Kleinen? Sie kann sie doch nicht einfach sich selbst überlassen. „Arme Kinder!“

Wut steigt in Julia hoch. Wut auf ihre Schwester, die sie angelogen hat. Wut auf sich selbst, weil sie wieder einmal auf Kathrins Heulen reingefallen ist. Sie greift nach ihrem Handy. Versucht, Kathrin anzurufen. Wählt danach nacheinander die Nummern ihres Schwagers, Steffis und die von Steffis Mann. Überall Fehlanzeige. Alle Handys sind ausgeschalten.

„Du dumme, arrogante, fiese, betrügerische Nuss, du!“, schreit Julia und wirft die Liste durchs Wohnzimmer. Dann greift sie zu der grünen Vase, die auf dem Tisch steht und pfeffert sie mit Schmackes gegen die Wand. Die Scherben spritzen durchs Zimmer. Wasser läuft an der Wand herunter. Eine Rose rutscht zu Boden. Es ist Julia egal. „Wie komme ich da bloß wieder raus, nachdem ich bis fast zum Hals in Arbeit stecke?“

Da klingelt der Wecker. Julia fährt hoch. Sie sitzt senkrecht im Bett. Reibt sich die Augen. Schaut sich um. Ihr Blick fällt auf ein Foto mit Seifenblasen. Sie ist in ihrem Bett und in ihrem Zimmer. „Puh, Gott sei Dank habe ich nur geträumt!“

 

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Text: © Judith Manok-Grundler, Überlingen-Aufkirch
Foto: Erwin Grundler, Überlingen-Aufkirch

 

 

12 Kommentare
  1. Rina
    Rina sagte:

    Wow, was ein Alptraum. Zu realistisch um es zu ignorieren. Julia sollte ihr Handy ausstellen. Das war bestimmt eine Warnung vom Universum.

    Sehr gut den Schock rüber gebracht👍👍😊

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  2. Katharina
    Katharina sagte:

    Wow ich hasse so realistische Träume. Aber was der Traum wohl über die Beziehung zwischen ihr und Kathrin aussagt? Habe auf jeden Fall nicht an einen Traum geglaubt und mich schon mitaufgeregt. ;)
    Grüße, Katharina

    Antworten
  3. mutigerleben
    mutigerleben sagte:

    Liebe Katha, das „mit aufregen“ ist selbst mir beim Schreiben so gegangen…
    Ja, über die Beziehung der beiden lohnt es sich nachzudenken. Und natürlich auch darüber, was der Alptraum als Botschaft für Julia bereit hält. Aber „eigentlich“ weiß sie das ja schon…
    Schönen sonntag und liebe Grüße
    Judith

    Antworten
  4. blaupause7
    blaupause7 sagte:

    Puh, was für ein Traum. Beim Lesen habe ich innerlich fast schon gekocht und eine Liste gemacht, wie sie einen Teil der aufgehalsten Aufgaben elegant umgehen kann. Alles, was keine Priorität hat z.b. – Putzen?

    Antworten

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