#Writing Friday: Nur weg

|Werbung wg. Namensnennung und Verlinkung, unbezahlt|

Hier kommt ein neuer Beitrag zum #WRITING FRIDAY von https://readbooksandfallinlove.com/category/meine-wochenaktionen/writing-friday/, den ich bei  https://kathakritzelt.com/ entdeckt habe. Heute lautet die Schreibaufgabe für mich: “Schreibe eine Geschichte und flechte die Worte „Wind, Comicbuch, klein, Avocado, Eule“ ein.

 

Jannic sitzt auf dem Fußboden. Mit dem Rücken lehnt er am Bett. Der Blick geht zur Zimmertür. Er zittert. Die Zähne sind fest zusammengebissen, die Augen zugekniffen und die Arme vor dem Oberkörper verschränkt. Würde er sich nicht festhalten, wüsste er nicht, was er tun würde – das ist ihm bewusst. Vier zersplitterte Teller, drei zerbrochene Gläser, Tomatensoße, die an der Wand hinunterläuft, ein kaputtes Handy, ein Loch in der Türe, das von einem Fußtritt stammt und ein blaues Auge – das reicht für einen Tag.

Langsam wird es unten still. Das Zittern lässt nach. „Ich gehe. Jetzt gehe ich endgültig. Heute Abend. Gleich nachher!“ Er flüstert es vor sich hin. Sieben, acht, neun Mal. So lange, bis er die Kraft hat, aufzustehen. Geschwind holt er zwei Schlafanzüge aus dem Schrank, zwei Jeans, T-Shirts, zwei Kapuzenpullis und Socken. So, wie es kommt, stopft er es in seinen Rucksack. Er nimmt den Spar-Hund zur Hand. Öffnet den Boden. Schüttelt das Geld heraus und zählt es. 87,53 Euro. Er steckt es in den Geldbeutel und steckt diesen mit einer Zahnbürste, der Zahncreme und einem Handtuch zu den Kleidern. Ein Duschgel kann er sich kaufen. Essen bekommt er hoffentlich von seiner Oma.
Jannic schaut sich um. Greift nach seinem Comicbuch und der Kuschel-Eule. Ohne diese Dinge will er nicht gehen. Auf dem Schreibtisch liegt eine Avocado. „Wie die wohl hierher kommt?“, fragt er sich. Er schüttelt den Kopf. „Egal, die bleibt hier!“
Zusammen mit dem Mäppchen, steckt er das Mathebuch und sein Deutschheft in den Schulranzen. Er stellt ihn neben den Rucksack an die Tür und holt den Schlafsack aus dem Schrank.

Dann wartet er. Und wartet. Er schaut auf die Uhr. Seit 30 Minuten ist es jetzt ruhig. „Ein gutes Zeichen“, murmelt er. Leise nimmt er den Schulranzen, den Rucksack und den Schlafsack und schleicht die Treppe hinunter. Er schlüpft in die Stiefel. Zieht die dicke Jacke an, den Schal und die Mütze. Die Handschuhe steckt er in die Jackentaschen. Dann öffnet er die Tür und tritt hinaus.

Es ist dunkel. Die Sterne sind vom Nebel verdrängt. Der Wind heult um die Ecke, lässt Fensterläden klappern und treibt eine leere Dose vor sich her. Jannic macht sich ganz klein. Mit gesenktem Kopf geht er – so schnell es geht – Richtung Ortsende. Hinaus zu den Schrebergärten. Erst dort traut er sich, die Taschenlampe anzuknipsen.

Wenig später steht er vor Omas Garten. Er öffnet das Tor Lässt es hinter sich zufallen. Steigt auf die Bank neben der Eingangstür zur Laube und holt den Schlüssel aus dem Versteck.
Die Laubentür quietscht beim Öffnen und Schließen. Jannic ist das egal. Endlich hat er seine Ruhe.

 

DSC_2198-2.jpg

 

 

Was fällt Dir zu den Wörtern ein?


Geschichte: © Judith Manok-Grundler, 29.10.2019
Foto: Erwin Grundler, Überlingen-Aufkirch
4 Kommentare
  1. Katharina
    Katharina sagte:

    Schwer was dazu zu schreiben, weil das Thema so ernst ist. Ich finde, du hast es super umgesetzt, nicht zu dramatisch und vor allem aus den Augen eines Kindes.
    Grüße, Katharina

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Katharina,
      Vielen Dank für deinen Kommentar.
      Da hast du ganz recht; es ist eine Tatsache, dass es häufiger vorkommt, als es uns allen lieb ist. Und ich finde es wichtig, darüber in geeigneter Form zu reden. Schön, wenn du es gelungen findest.
      Einen entspannten Abend und Grüße
      Judith

      Antworten
  2. mutigerleben
    mutigerleben sagte:

    Liebe Blaupause,

    Ich glaube, das haben sich viele Kinder schon vorgestellt. Meine auch, sie haben manchmal ihr Kinderköfferchen gepackt und sind in den Garten ins Spielehaus gezogen. Hat aber nie länger angehalten als ca. 30 Minuten.
    Um länger oder im Dunkeln wegzubleiben, hätte ihnen der Mut gefehlt und meistens war der Zorn eh verraucht, sobald sie aus der Situation raus waren.

    Aber ja, es gibt durchaus Kinder, die das todernst meinen und durchziehen.

    Liebe Grüße zu dir
    Judith

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu mutigerleben Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert