#Writing Friday: Streit im Bus

Elsa ist noch müde – vor lauter Aufregung hat sie nachts kaum geschlafen. Dem Wetter nach zu urteilen ist es eher Herbst als Hochsommer. Drei Tage hat es inzwischen geregnet und die Luft ist an diesem Morgen auf 10 Grad abgekühlt. Elsa bibbert in ihrem Business Kostüm und der dünnen, für sie ungewohnten, Strumpfhose. Deshalb beschließt sie, den Bus zur Innenstadt zu nehmen, schließlich will sie pünktlich zum Vorstellungsgespräch kommen. Sie setzt ihre Maske auf und wartet.

Der Bus ist voll, als sie um 7:48 Uhr einsteigt. Elsa sieht nur Augen. Manche sehen sie an. Andere Menschen haben sie geschlossen. Wieder andere sehen nach draußen. Elsa arbeitet sich von vorne nach hinten durch den Bus. Gerade hat sie die zweite Tür passiert, da hält sie inne. Ganz hinten diskutiert ein Ehepaar mit einem Mann. Der Mann hat eine Glatze, dass blaukarierte Hemd spannt über seinen Bauch und zu kurzen Hosen trägt er Kniestrümpfe und Sandalen. Er wird immer lauter: „Halts Maul, alte Vettel. Kümmere dich um deinen Scheiß“, hört Elsa ihn durch die Stille.
Die Frau sieht den Mann an. „Ich habe sie höflich gebeten, ihre Maske aufzusetzen. Sie wissen, dass das hier Pflicht ist“.
„Und ich habe gesagt, das geht dich einen Dreck an. Ich mache, was ich will. Ist eh alles bloß eine Lüge und du dumme Nuss fällst darauf rein“. Er dreht sich um. Fuchtelt mit den Armen. „Ihr seid alle Deppen, A**********, Feiglinge“ – und dir, damit dreht er sich wieder zu der Frau um – „dir poliere ich gleich die Fresse.“

Elsa ist längst stehen geblieben. Ihr fällt auf, dass die meisten Menschen ihre Köpfe gesenkt halten. Sie holt ihr Handy aus der Tasche. Gerade will sie die Polizei anrufen, da stehen hinten im Gang vier Männer auf und gehen auf den Stänkerer zu.
„Jetzt ist es genug“, sagt einer. „Gleich kommt die nächste Haltestelle, da können Sie aussteigen. Sie dürfen gerne Ihre Meinung haben, aber dann laufen sie besser. Hier drinnen jedenfalls gibt es Regeln“.
Der Mann zuckt zusammen. Sein Gesicht wird rot. Schweiß glänzt auf seiner Stirn.
„Halt dein Maul, du Arschgesicht“, schreit der Stänkerer und will nach dem Mann, der in der ihn zurechtgewiesen hat, greifen.
Dieser schweigt. Er weicht keinen Zentimeter zurück. Im Gegenteil. Langsam schiebt er mit den anderen drei Männern den Stänkerer zurück – ohne ihn anzufassen oder ihm zu drohen.
Der Stänkerer spuckt auf den Boden, einmal, zweimal, dreimal…
„Sie sind ein Widerling„, sagt ein anderer Fahrgast.

Elsa, die das Handy noch in der Hand hält, wählt die Nummer der Polizei. Die, die neben ihr sitzen, können das Läuten des Telefons hören. Es geht schnell, bis abgenommen wird. Elsa berichtet, in welchem Bus sie sitzt, was hier gerade passiert und welches die nächste Haltestelle ist. Dann legt sie auf. „Die Polizei kommt sofort“, sagt sie laut.
„Du v******** Schlampe“, schreit der Stänkerer und geht auf Elsa los. Absichtlich schubst er sie. Elsa fällt. All ihre Habseligkeiten purzeln aus der Tasche. Sie schlägt mit dem Kopf gegen den Fuß einer Sitzbank. Blut sickert aus einer Platzwunde an der Stirn. Der Mann holt aus und tritt Elsa mit dem Fuß in die Seite. Sie ächzt.
Sofort eilen die vier Männer herbei. Sie ziehen den Stänkerer von ihr weg und halten ihn fest. Ein anderer Mann kniet sich neben Elsa.
„Können Sie aufstehen, will er wissen. Elsa lässt sich langsam hochziehen. Kurz sieht sie Sternchen und ihr ist schwindelig. Als sie sitzt, beruhigt sich der Schwindel. Sie sieht an sich hinab. „Schöner Mist“, murmelt sie vor sich hin, das Bewerbungsgespräch kann ich knicken. So brauche ich da nicht aufzulaufen“.

Nur wenig später fährt der Bus die Haltestelle an. Drei Polizeibeamte warten schon. Zwei von ihnen nehmen den Stänkerer sofort in Gewahrsam. Der dritte Polizeibeamte steigt in den Bus.
„Ist hier drinnen alles in Ordnung?“ Sein Blick fällt aus Elsa. „Der Sanka kommt gleich, ich habe ihn vorsichtshalber schon mal angefordert.

„Soll ich jemandem Bescheid sagen, dass Sie nicht kommen?“, erkundigt sich der Mann, der noch immer neben Elsa auf dem Boden kniet.
„Bitte ja, würden Sie hier anrufen und sagen was passiert ist? Hier bitte“. Sie reicht ihm eine Visitenkarte.
Der Mann schaut die Karte an. Kurz stutzt er. Dann sagt er: „wird erledigt. Gute Besserung für Sie“.
Er steigt aus. Kurz darauf wird Elsa von einer jungen Sanitäterin aus dem Bus geführt.

 

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Wie würdest Du die Wörter unterbringen?

Foto: © Erwin Grundler, Überlingen

 

 

Hier kommt ein Beitrag zum #WRITING FRIDAY von https://readbooksandfallinlove.com/2020/07/31/writingfriday-august-2020-die-schreibaufgaben/ den ich bei  https://kathakritzelt.com/ entdeckt habe. Heute habe ich mich dafür entschieden: Schreibe eine Geschichte und flechte darin folgende Wörter mit ein:  Maske, Habseligkeiten, müde, absichtlich, Widerling

12 Kommentare
  1. Christiane
    Christiane sagte:

    Na, ich hoffe, dass der Herr, der kurz gestutzt hat, in der Firma, bei der sich bewirbt, Kontakte und/oder etwas zu sagen hat …
    Liebe Grüße
    Christiane 😁🌞☕🍪👍

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  2. Katharina
    Katharina sagte:

    Ich hoffe dasselbe wie Christiane.
    Es ist schlimm, dass deine Geschichte wahr sein könnte bzw vielerorts auch ähnlich passiert. Aber das Gute: Auf einen Idioten kommen mind 5, die keine sind.

    Antworten
    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Katharina,
      danke dir.
      Ich schrieb eben schon Christiane, dass mir diese Idee durch den Kopf geistert. Mal sehen, ob daraus noch etwas wird.
      Und ja, leider gibt es solche Situationen schon öfters, als man denkt. Gott sei Dank, dass es auc sehr viele vernünftige Menschen gibt.
      Liebe Grüße
      Judith

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  3. elizzy91
    elizzy91 sagte:

    Liebe Judith wunderbar wie du die Wörter mühelos eingebaut hast! Und daraus eine aktuelle Situation gemacht hast. Ich hoffe ja sehr das solche Szenen aktuell nicht passieren! Und für Elsa wünsche ich mir irgendwie, dass sie den Job doch noch kriegt!

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    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Vielen Dank, liebe Elizzy. Freue mich über deine Rückmeldung.
      Mir sind sie gerade nicht passiert (ich fahre auch nicht Bus), aber scheinbar gibt es das gerade immer mal wieder.
      Mal sehen, vielleicht schreibe ich eine Fortsetzung.
      Grüße zu Dir
      Judith

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  4. Yvonne
    Yvonne sagte:

    Eine Situation, die aus dem Leben gegriffen sein könnte – leider. Angenehm erscheint mir aber gerade das geschilderte Wetter, bei dem das Maske tragen doch deutlich angenehmer ist. Aber besondere Situationen bedürfen halt auch besondere Maßhnahmen.

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    • mutigerleben
      mutigerleben sagte:

      Liebe Yvonne,
      danke Dir.
      Ja, das wird uns – fürchte ich – noch oft begegnen.
      Für den Herbst wird es mit der Maske sicher einfacher – vielleicht läuft meine Brille dann nicht so arg an.
      Und ich komme gerade vom Geburtstag meiner Enkeltochter – da war es jetzt auch sehr angenehm.
      Abendgrüße
      Judith

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